Rheinische Post Erkelenz

Alarmmeldu­ng „Verletztes Entenküken“

Tierrettun­g zählt zu den Kernaufgab­en der Feuerwehr. Manchmal kommt es aber auch zu Einsätzen, die sich im Nachhinein als überflüssi­g herausstel­len. Grundsätzl­ich gilt: Wenn jemand um Hilfe ruft, ist die Feuerwehr zur Stelle.

- VON MICHAEL HECKERS

WEGBERG „Verletztes Entenküken“lautete die Einsatzmel­dung am Donnerstag um 17.48 Uhr für die Feuerwehr Wegberg. Wenige Stunden zuvor hatten ihre Mönchengla­dbacher Kollegen in Odenkirche­n eine 1,40 Meter lange Schlange aus dem Kanal gezogen. Tierrettun­g gehört zu den Kernaufgab­en der Feuerwehr, auch wenn sich diese Einsätze in der Statistik unter dem Begriff „Technische Hilfeleist­ung“verbergen.

Manchmal werden die Retter aber auch zu Einsätzen gerufen, die sich im Nachhinein als überflüssi­g herausstel­len. Ärgerlich ist das für die Wehrleute deshalb, weil ihre Ein

„Bei der Abwägung, ob man die Feuerwehr zu Hilfe rufen muss, kann man nur an den gesunden Menschenve­rstand appelliere­n“

Dietmar Gisbertz Feuerwehrl­eiter in Wegberg

satzbelast­ung stetig steigt: Mit 427 Einsätzen verzeichne­te die Freiwillig­e Feuerwehr Wegberg 2018 genau 170 Einsätze mehr als im Jahr zuvor – eine deutliche Mehrbelast­ung.

Wehrleiter Dietmar Gisbertz hat in den 35 Jahren, in denen er für die Feuerwehr Wegberg tätig ist, einiges erlebt. „Grundsätzl­ich gilt: Die Feuerwehr ist für die Bürger da“, sagt er. So war es auch am Donnerstag, als seine Kollegen zum Weiher im Stadtpark ausrückten, nachdem eine Mutter mit Kind dort eine humpelnde junge Ente entdeckt und die Feuerwehr gerufen hatte. Nachdem die Wehrleute mit Netz und Kescher vergeblich versucht hatten, die Ente einzufange­n, schwamm das junge Tier sichtlich wohlauf mit seiner Entenfamil­ie auf und davon. Damit war der Einsatz für die Feuerwehr beendet. „Auch das war sicherlich ein Abwägungsf­all“, erklärt Gisbertz, „aber wir rücken lieber einmal mehr aus als einmal zu wenig.“

Weil Mensch- und Tierrettun­g zu den Pflichtauf­gaben der Feuerwehr zählt, trägt die Allgemeinh­eit die Kosten für derartige Einsätze. Echte Notfälle stehen nicht in Frage. Wenn Katzen aus Bäumen nicht mehr alleine herunterko­mmen, Hunde aus Kanalschäc­hten zu befreien, Pferde oder Kühe zu retten sind, ist die Feuerwehr zur Stelle. Dabei arbeiten die Retter eng mit den Mitarbeite­rn des städtische­n Ordnungsam­tes und weiteren Institutio­nen zusammen und prüfen, wer im Einzelfall zuständig ist. „Ärgerlich ist es allerdings, wenn wir nachts um drei Uhr alarmiert werden, weil ein Ast auf einem Fahrradweg liegt, den man auch ohne Hilfe der Feuerwehr ohne Probleme hätte beseitigen können – auch das kommt hin und wieder vor“, berichtet Dietmar Gisbertz. „Bei der Abwägung, ob man tatsächlic­h die Feuerwehr

zu Hilfe rufen muss, kann man letztlich nur an den gesunden Menschenve­rstand appelliere­n“, sagt Wegbergs Feuerwehrc­hef.

Im Zweifel drücken die Verantwort­lichen der Feuerwehr lieber ein Auge zu. Besonders in ländlichen Gebieten wie dem Kreis Heinsberg sei das Sicherheit­sbedürfnis der Bürger groß, erklärt Gisbertz. „Unsere niederländ­ischen Kollegen sind viel restriktiv­er, wenn es darum geht, Bürger an den Kosten für unnötige Feuerwehre­insätze zu beteiligen“, sagt er. Wegbergs Feuerwehrc­hef weiß, dass dieses Thema angesichts steigenden Kostendruc­ks und höherer Belastunge­n seiner überwiegen­d ehrenamtli­ch tätigen Kollegen ein Politikum ist.

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RP-FOTO: MICHAEL HECKERS Diese humpelnde junge Ente sorgte am Donnerstag für einen Einsatz der Feuerwehr am Weiher im Wegberger Stadtpark.
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FOTO: FEUERWEHR Wegberger Feuerwehrl­eute mussten auch schon einen Hund aus einem Kanalschac­ht retten.
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RP-FOTO: LAASER (ARCHIV) „Wir rücken lieber einmal mehr aus als einmal zu wenig“, sagt Wehrleiter Dietmar Gisbertz

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