„Wir wollen Rock ’n’ Roll spielen“
Der Verteidiger spricht über den neuen Borussen-Fußball, den Song von Josip Drmic und die Vorfreude auf Europa.
Nico Elvedi ist seit 2015 Borusse. Marco Rose ist sein vierter Trainer in Gladbach. Er ist vom Talent aus der Schweiz längst zum gestandenen Bundesliga-Profi sowie Nationalspieler geworden und will nun in der neuen Saison den nächsten Schritt machen. Was er in der kommenden Spielzeit verbessern will, warum er sich extrem auf Europa freut und warum er zwar den Rap-Song von Josip Drmic gut findet, selbst aber wohl keinen aufnehmen wird, darüber sprach er im Interview mit unserer Redaktion.
Herr Elvedi, Ihr Ex-Teamkollege und Landsmann Josip Drmic hat einen Rap-Song aufgenommen. Haben sie schon reingehört?
ELVEDI Natürlich. Ein cooler Song, der mir gefällt. Als er noch bei Gladbach war, hat er mir schon erzählt, dass er einen Song machen will und mir ein paar Sachen gezeigt. Ich fand es da schon richtig gut. Josip wollte mal was anderes machen, und er macht es gut, würde ich sagen.
Ist das Ihre Musik?
ELVEDI Ja, schon. Ich habe ähnliche Sachen auf meiner Playlist.
Machen Sie später auch mal einen Song?
ELVEDI Ich denke nicht, dass ich der Typ für so etwas bin.
Welche Musik wird denn in der neuen Saison im Borussia-Park auf dem Platz gespielt? Hard Rock? Rock ’n’ Roll? Oder wird es ein langsamer Walzer?
ELVEDI (lacht) Auf keinen Fall. Wir wollen Rock ’n’ Roll spielen und tolle Spiele abliefern. Es soll unterhaltsam werden, das ist unser Anspruch.
Was ist unterhaltsamer Fußball? ELVEDI Wenn man sieht, dass ein Team unbedingt will und alles reinwirft. Man muss als Mannschaft arbeiten, vorne Druck machen, die Bälle gewinnen und das Publikum mitnehmen. Dann werden automatisch gute Spiele herauskommen. Wenn das gelingt, ist das in meinen Augen guter Fußball.
Lucien Favre, André Schubert und Dieter Hecking waren bisher Ihre Trainer, nun ist Marco Rose da. Wo liegen die Unterschiede zu dem, was vorher war?
ELVEDI Die größte Neuerung ist sicherlich das Gegenpressing, das der Trainer sehen will. Wir wollen den Gegner so früh wie möglich unter Druck setzen. Das ist auch für mich etwas Neues. Als Innenverteidiger muss man schon einiges mehr an Laufarbeit machen. Wir wollen die Bälle weiter vorn erobern, aber wenn sich der Gegner mal durchkombiniert, kommen wir vermutlich öfter als bisher in die Duelle Mann gegen Mann. Mir gefällt der Ansatz. Ansonsten sind es viele Dinge, die es in den Jahren vorher auch gab. Wenn man die Testspiele gesehen hat, wirkt das Pressing manchmal noch blauäugig, mit langen Bällen konnten die Gegner einigen Schaden anrichten.
ELVEDI Fehler wird man nie ganz vermeiden können. Das wird auch so sein, wenn die Meisterschaft schon läuft. Aber ich sehe, dass wir uns Tag für Tag verbessern. Wichtig ist, dass wir aufmerksam sind, wenn die Bälle in die Schnittstellen, die wir im neuen 4-Raute-2-System zwangsläufig anbieten, kommen. Wir Innenverteidiger müssen dann eben diese Bälle öfter mal ablaufen. Ich bin mir aber sicher, dass wir hinten genug Qualität haben, das hinzukriegen.
Was macht das neue 4-Raute-2-System aus?
ELVEDI Für uns Innenverteidiger ist es super. Wir haben noch eine Anspielstation mehr beim Aufbau, es ist mehr Bewegung vorn. Wenn man gut andribbelt, hat man dadurch mehr Lösungen.
Was ist Ihr persönliches Ziel für die neue Saison? Und was haben Sie in der vergangenen für Fortschritte gemacht?
ELVEDI Ich denke, dass ich in der abgelaufenen Saison schon mehr aus mir herausgekommen bin und auf dem Platz mehr mit den anderen spreche. Aber es kann sicher noch mehr sein. Außerdem will ich nochmal mehr Tore schießen. Mehr als zwei sollten möglich sein. Wie kriegt man es hin, mehr aus sich herauszugehen? Hat das auch mit einem verbesserten Standing zu tun? Schließlich haben Sie über 100 Bundesligaspiele beisammen. ELVEDI Damit eher nicht. Man muss sich einfach auf dem Platz trauen, den Mund aufzumachen. Ich bin zwar immer noch erst 22 Jahre alt, aber ich habe einige Erfahrung gesammelt. Deswegen bin ich bereit, noch mehr als bisher Führungsspieler zu werden.
Sie haben früher gesagt, Sie würden gern mehr werden wie Sergio Ramos? Oder ist inzwischen Nico Elvedi eine eigene Marke?
ELVEDI Ich würde schon sagen, dass es einen eigenen Nico Elvedi gibt. Ich will ja auch nicht Ramos kopieren, aber man kann sich von Topspielern immer etwas abschauen, um sich zu verbessern.
Ihr Name hat inzwischen ja auch international einen guten Klang. Weswegen es auch die Gerüchte gab, sie könnten zu Manchester City wechseln für 35 Millionen Euro.
ELVEDI Ich habe einen gewissen Namen, das kann schon sein. Aber Fußball ist ein Teamsport, und ich will mit dem Team Erfolg haben. Was City angeht, ist nichts bei mir angekommen.
Sie haben ja auch einen Vertrag, der sich selbst verlängert. ELVEDI Genau. Ich bin hier in Gladbach und kann mir vorstellen, langfristig bei Borussia zu bleiben. Man kann im Fußball keine Garantien geben, aber ich fühle mich sehr wohl hier.
Zuletzt war die Nummer 4 frei. Sie haben die 30. Gab es keinen Ambitionen, zu wechseln?
ELVEDI Die 30 wollte ich von Anfang an. Sie hat mir bisher Glück gebracht in meiner Karriere, ich habe keinen Grund sie abzugeben.
Am Samstag geht es im letzten Testspiel der Saisonvorbereitung gegen den FC Chelsea. Da spielt Ihr früherer Kollege Andreas Christensen. Haben Sie noch Kontakt?
ELVEDI Ab und zu. Aber eigentlich sind unsere Freundinnen mehr in Kontakt miteinander.
Einen der neuen Spieler in Gladbach, Breel Embolo, kennen Sie aus dem Nationalteam schon lange. Was wird er Borussia bringen? ELVEDI Sehr viel, da bin ich mir sicher. Mit seiner Wucht und Dynamik wird es uns im Sturm richtig gut tun. Er kann vorn gut die Bälle halten und ist auch torgefährlich. Außerdem ist er sein sehr positiver Mensch, das tut der Mannschaft auch gut.
Waren Sie einer von denen, die ihm geraten haben, nach Gladbach zu wechseln? ELVEDI Er ist auch auf mich zugekommen und hat mich gefragt. Ich habe ihm gesagt: Es ist ein super Verein, bei dem du dich gut entwickeln kannst. So habe ich es ja selbst erlebt. Auf der Hochzeit von Manuel Akanji haben wir dann nochmal gesprochen. Ich freue mich, dass Breel jetzt hier ist.
Zeigen Zukäufe von Spielern wie Embolo oder Marcus Thuram auch, dass Gladbach wächst?
ELVEDI Ich denke schon, dass sich Gladbach einen guten Namen gemacht hat. Und jetzt spielen wir international, das macht den Klub für junge Spieler noch interessanter. Sie kommen gern zu uns, weil wir einer der besseren Klubs in der Bundesliga sind und eine richtig gute Mannschaft haben.
Wie sehr freuen Sie sich auf die Europa League?
ELVEDI Ich freue mich sehr darauf. Es ist immer schön, auch unter der Woche Spiele zu haben und sich international beweisen zu können.
Haben Sie Wunschgegner?
ELVEDI Ich nehme, was kommt. Aber Arsenal mit Granit Xhaka wäre ein super Gegner.
Inwiefern ist Chelsea schon ein Maßstab?
ELVEDI Es ist ein Spiel, in dem wir uns mit einem der besten Teams aus Europa messen können. Es wird eine schöne Sache, auch für die Fans. Und da es im Borussia-Park stattfindet, hat es einen anderen Charakter als die normalen Freundschaftsspiele. Es ist das perfekte Spiel vor dem Start. Wir sind alle froh, dass es bald losgeht mit der Saison.
Sind Sie schon bei 100 Prozent Leistungsvermögen?
ELVEDI Es tat gut, am Wochenende gegen Bilbao mal 90 Minuten zu spielen. Ein bisschen braucht es aber, bis ich bei 100 Prozent bin. Es ist ja auch noch Zeit bis zum ersten Pflichtspiel.
Was darf man in dieser Saison von Gladbach erwarten?
ELVEDI Es ist schwer zu sagen. Wir haben einen neuen Trainer und ein neues System, da muss man sich erst ein bisschen zurechtfinden. Aber wir wollen einfach klasse Fußball spielen, und dann werden die Resultate auch von selbst kommen.
Also ist das Motto für die neue Saison: Mit Rock’ n’ Roll in die Champions League?
ELVEDI (lacht) Das klingt schon gut.
Dorthin würde im Übrigen auch der Sieg in der Europa League führen.
ELVEDI Das ist momentan ganz weit weg. Aber: Theoretisch ja.