Nehmen und Geben in der Politik
Bauern sollen Geld aus Fleischsteuern erhalten, Geringverdiener aus einer CO -Abgabe. So entsteht keine Transparenz bei den Staatsfinanzen.
Manchmal scheint es so einfach, Probleme zu lösen. Wenn Fleisch aus Massentierhaltung als zu billig erscheint, braucht es nicht lange, bis ein Politiker eine höhere Fleischsteuer fordert und das Geld daraus für den Bau artgerechter Ställe nutzen will.
Ähnlich ist es bei der CO2-Steuer. Weil sie womöglich ärmere Bürger benachteiligt, sollen die Erlöse den Niedrigverdienern zugute kommen. Auch beim gescheiterten CSU-Modell der Pkw-Maut sollten die deutschen Autofahrer in exakt gleicher Höhe von der Kraftfahrtsteuer entlastet werden.
Was auf den ersten Blick einsichtig wirkt, widerspricht einem rationalen Umgang mit staatlichen Geldern. Denn einer der wichtigsten Grundsätze der Finanzwissenschaft, der Lehre der Staatsfinanzen, lautet, dass alle Einnahmen alle Ausgaben zahlen. Dahinter
steht die Idee, dass es keinen Vorrang bestimmter Staatsausgaben vor den anderen gibt. Und zugleich soll der Bürger erfahren, wie viel Geld insgesamt in die Staatskassen fließt.
Wer das eingenommene Geld auf einzelne Töpfe verteilt, verschleiert, wie hoch die Gesamtbelastung ist. Zugleich macht er die Einzelausgaben vom Aufkommen der jeweiligen Steuer abhängig. Wenn Massentierhaltung gegen das Tierwohl verstößt, sind strengere Vorschriften nötig, nicht mehr Geld aus der höheren Mehrwertsteuer. Plant der Staat eine Offensive in der Infrastruktur, wird er womöglich von zu geringen Mauteinnahmen ausgebremst.
Das zeigt: In einer repräsentativen Demokratie entscheidet das Parlament über den Gesamthaushalt. Einnahmen wie Ausgaben spiegeln den politischen Willen wider. Das beliebte Nehmen und Geben bei Einzelprojekten hebelt diesen Grundsatz aus.
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