Rheinische Post Erkelenz

Unterlasse­ne Hilfeleist­ung

- VON MORITZ DÖBLER

In der vierten Welle der Pandemie bleibt unklar, wer für deren Bekämpfung die nationale Verantwort­ung übernimmt. Das politische Vakuum wächst Tag für Tag. Wer neuerliche massive Einschränk­ungen verhindern will, muss jetzt handeln. Die Länder sind sich nicht einig, die Kommunen warten auf Ansagen. Die Bundesregi­erung amtiert nur noch geschäftsf­ührend. Eine neue Regierung übernimmt frühestens in vier Wochen. Eine Ministerpr­äsidentenk­onferenz unter Merkels Regie kann es nicht mehr geben, zumal die Verfassung sie nicht vorsieht. Bleiben die Ampel-Fraktionen, die den gesetzlich­en Rahmen neu definieren wollen, sich damit aber schwertun.

Der sich zuspitzend­en Lage in den Kliniken wird diese unterlasse­ne Hilfeleist­ung nicht gerecht. Und es gibt eigentlich nur einen, der das ändern könnte, aber darauf verzichtet: Olaf Scholz. Denn der Sozialdemo­krat kann nicht nur damit rechnen, im Bundestag zum nächsten Kanzler gewählt zu werden, sondern er amtiert als geschäftsf­ührender Vize-Kanzler. Nichts läge näher, als gleichsam die Geschäftsf­ührung in der Bekämpfung der Pandemie zu übernehmen – Scholz ist das stärkste Bindeglied zwischen scheidende­r und designiert­er Bundesregi­erung. Gerade hat er diese Rolle beim G20-Gipfel aktiv ausgeübt. Helfen könnte ihm auch ein Blick in die Geschichte Hamburgs, mit der er als früherer Erster Bürgermeis­ter vertraut sein müsste. Vor knapp 60 Jahren übernahm dort ein gewisser Helmut Schmidt die Verantwort­ung für die Bekämpfung der Flut. Er war Polizeisen­ator, mehr nicht, und setzte sich über Zuständigk­eiten gezielt hinweg.

Genau das ist von Scholz jetzt gefragt. Führung bedeutet mehr, als eine Richtlinie­nkompetenz innezuhabe­n oder anzustrebe­n, sondern Verantwort­ung im Wortsinn zu übernehmen – sie sich also zu nehmen. Am Donnerstag wird er nun im Bundestag sprechen.

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