Unterlassene Hilfeleistung
In der vierten Welle der Pandemie bleibt unklar, wer für deren Bekämpfung die nationale Verantwortung übernimmt. Das politische Vakuum wächst Tag für Tag. Wer neuerliche massive Einschränkungen verhindern will, muss jetzt handeln. Die Länder sind sich nicht einig, die Kommunen warten auf Ansagen. Die Bundesregierung amtiert nur noch geschäftsführend. Eine neue Regierung übernimmt frühestens in vier Wochen. Eine Ministerpräsidentenkonferenz unter Merkels Regie kann es nicht mehr geben, zumal die Verfassung sie nicht vorsieht. Bleiben die Ampel-Fraktionen, die den gesetzlichen Rahmen neu definieren wollen, sich damit aber schwertun.
Der sich zuspitzenden Lage in den Kliniken wird diese unterlassene Hilfeleistung nicht gerecht. Und es gibt eigentlich nur einen, der das ändern könnte, aber darauf verzichtet: Olaf Scholz. Denn der Sozialdemokrat kann nicht nur damit rechnen, im Bundestag zum nächsten Kanzler gewählt zu werden, sondern er amtiert als geschäftsführender Vize-Kanzler. Nichts läge näher, als gleichsam die Geschäftsführung in der Bekämpfung der Pandemie zu übernehmen – Scholz ist das stärkste Bindeglied zwischen scheidender und designierter Bundesregierung. Gerade hat er diese Rolle beim G20-Gipfel aktiv ausgeübt. Helfen könnte ihm auch ein Blick in die Geschichte Hamburgs, mit der er als früherer Erster Bürgermeister vertraut sein müsste. Vor knapp 60 Jahren übernahm dort ein gewisser Helmut Schmidt die Verantwortung für die Bekämpfung der Flut. Er war Polizeisenator, mehr nicht, und setzte sich über Zuständigkeiten gezielt hinweg.
Genau das ist von Scholz jetzt gefragt. Führung bedeutet mehr, als eine Richtlinienkompetenz innezuhaben oder anzustreben, sondern Verantwortung im Wortsinn zu übernehmen – sie sich also zu nehmen. Am Donnerstag wird er nun im Bundestag sprechen.
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