Den Druck erhöhen – auch auf Polen
Die Europäische Union drohte Belarus mit neuen Sanktionen, als im Sommer Dutzende Flüchtlinge an der EU-Außengrenze ankamen. Sie drohte mit neuen Sanktionen, als es im Oktober Hunderte waren, und sie tut es jetzt wieder, da Tausende kommen. Es wäre wohlfeil, als wirksamere Konsequenz der EU zuzurufen: Dann hör’ auf zu drohen, mach’ doch mal! Denn die EU macht ja. Die Zahl der belarussischen Staatsdiener, Firmen und Organisationen, die nicht mehr so einfach EU-Länder bereisen dürfen und deren Gelder in der Union eingefroren werden, wächst von Sanktion zu Sanktion. Aber offenbar ist das Regime in Minsk vom bisherigen Vorgehen nicht wirklich beeindruckt.
Eine Ursache liegt in der schwer erträglichen Uneinigkeit der EU in den entscheidenden Fragen. Polen treibt dies in diesen Tagen auf die Spitze. Stabilität und Sicherheit der gesamten EU stünden jetzt auf dem Spiel, klagt Polen – und suggeriert damit, dass die EU dem Land endlich helfen müsse. Tatsächlich stehen Grenzschützer, Asylexperten, Polizeitruppe und sogar die Nato bereit, den Partner massiv zu unterstützen. Doch bislang dosiert Warschau diese Angebote, ruft das meiste davon nicht mal im Ansatz ab.
Deshalb ist die EU gefordert, sowohl auf die Akteure in Polen als auch auf die im Umfeld Belarus’ den Druck massiv zu verstärken. Viele helfen Schleuser Alexander Lukaschenko. Zudem steht Moskau hinter Minsk. Es scheint auch Wladimir Putins Kalkül zu sein, in der Phase, in der Deutschland handlungsunfähig erscheint und das EU-Bündnis an seiner Ostflanke tiefe Risse bekommt, die Spaltung zu beschleunigen. Darauf sollten die EU-Mitglieder innerhalb der nächsten Tage mit einem konzertierten Vorgehen reagieren. Und eine gemeinsame Ansage von Angela Merkel und Olaf Scholz Richtung Moskau sollte dabei nicht fehlen.
BERICHT
POLEN SCHLIESST GRENZE ZU BELARUS, POLITIK