Das Ende einer Professur
Wie eine Genderdebatte in England einen unschönen Ausgang nahm.
In der vergangenen Woche hat Kathleen Stock ihre Professur an der englischen Universität Sussex gekündigt, an der sie 18 Jahre gelehrt hatte. Die Morddrohungen gegen ihre Familie und die täglichen Beschimpfungen als „transphobische Scheiße“waren nicht mehr auszuhalten.
Ihr Verbrechen: Die Philosophieprofessorin hatte sich öffentlich dagegen ausgesprochen, dass Männer, die sich selbst zu Frauen erklären, auch ohne jede Einschränkung rechtlich zu Frauen werden.
Für diese Forderung von Transgenderorganisationen scheint es einen guten Grund zu geben: Transgenderfrauen sind oft Angriffen ausgesetzt, besonders in den Männertrakten von Gefängnissen. Es müssen Regelungen gefunden werden, die ihre Sicherheit und Würde gewährleisten. Das fordert auch Stock. Das biologische Geschlecht rechtlich abzuschaffen, hält sie jedoch für einen falschen Weg, weil sie Rechtsunsicherheit und massive Folgeprobleme für Frauen befürchtet. Sollen eindeutige rechtliche Kategorien durch unklare Bestimmungen ersetzt werden, die endlose Prozesse auslösen? Sollen Männer sich als Frau auf eine Stelle bewerben können, die ausdrücklich nur Frauen offensteht? Sollen die Sicherheitsprobleme für Transgender auf Kosten der Sicherheit von Frauen gelöst werden, wenn heterosexuelle biologische Männer sich zu Frauen erklären und unbegrenzten Zugang zu Frauenbereichen verlangen können? Ganz abgesehen von den schon bekannten Problemen fairen Wettkampfs im Frauensport und anderen Problemen.
Nur durch eine tabulose Diskussion der Einzelprobleme könnte hier die für alle Seiten beste Lösung gefunden werden. An vielen englischen Universitäten gilt aber offenbar als „phobisch“– Neusprech für böse –, wer den Vertretern einer „vulnerablen Gruppe“widerspricht. Wie konnte es nur dazu kommen, dass Hochschullehrer – darunter auch deutsche Kollegen – eine Unterschriftenliste gegen eine kritische Kollegin organisieren, anstatt sie zu einer Diskussion einzuladen und wechselseitig die Argumente zu prüfen? Das ist bitter.
Unsere Autorin ist Philosophie-Professorin an der Ruhr-Universität Bochum. Sie wechselt sich hier mit der Infektionsbiologin Gabriele Pradel ab.