Wie man an die Booster-Impfung kommt
Fast die Hälfte aller Neuinfektionen sind Impfdurchbrüche. Die Stiko berät nun über Auffrischungen für alle. Die ersten abgespeckten Impfzentren starten in NRW – und arbeiten altersunabhängig. In den Arztpraxen ist der Andrang groß.
DÜSSELDORF Die Signale sind alarmierend: Kliniken warnen vor Überlastung, Studien zur Langzeitwirkung der Corona-Impfung sind ernüchternd. Nun will NRW in Kreisen und kreisfreien Städten Impfstellen schaffen, die Erst-, Zweit- und Auffrischimpfungen anbieten. Dies teilte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) den Kommunen per Erlass mit. Orte für solche „Impfzentren light“könnten demnach Turnhallen, Gemeindezentren oder leerstehende Ladenlokale sein.
Wie lange hält der Impfschutz? Impfen lohnt sich. In den ersten Monaten besteht hoher Schutz gegen Ansteckung und schwere Verläufe. Doch schon nach wenigen Monaten nimmt er ab. „Der Impfschutz hält für die meisten nur für maximal sechs Monate in ausreichender Stärke“, sagt Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein. „Aktuelle Studien belegen sogar, dass der Impfschutz nach abgeschlossener Impfserie bereits nach vier Monaten nur noch bei 20 Prozent liegt.“Besonders stark lasse er nach bei älteren oder immungeschwächten Menschen. Die Folge: „Fast 50 Prozent der Neuinfektionen sind Impfdurchbrüche“, so Preis.
Kann sich jeder boostern lassen – unabhängig vom Alter? Ja, sagen die Gesundheitsminister. Auch die Ständige Impfkommission (Stiko), die bislang eine Auffrischung nur für Menschen über 70, in Pflegeund medizinischen Einrichtungen sowie mit Johnson & JohnsonImpfung empfohlen hat, denkt nun über eine Booster-Empfehlung für alle nach. Es sei aus epidemiologischen Gründen sinnvoll, mittelfristig allen eine Auffrischungsimpfung anzubieten, hieß es nun in einer Stellungnahme der Stiko-Experten. Dabei solle nach absteigendem Lebensalter vorgegangen werden. Entsprechend erklärte die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein: „Grundsätzlich gilt, dass bevorzugt die vulnerablen Gruppen in den Praxen eine Auffrischimpfung erhalten sollen.“Sollten Arztpraxen Kapazitäten haben, könnten sie auch weitere Personen nach individuellem Ermessen impfen, wenn bei ihnen die sechs Monate nach der Zweitimpfung abgelaufen sind.
Gibt es einen Ansturm auf die Praxen? Manche berichten, dass sie Wochen auf einen Booster-Termin warten müssen. Man sollte frühzeitig einen Termin vereinbaren. Auch in den Impfstellen, die in Düsseldorf bereits arbeiten (im Hauptbahnhof und im U-Bahnhof Heinrich-Heine-Allee) habe der Zulauf zuletzt deutlich zugenommen, erklärte die Stadt. Es sei genug Impfstoff da, betont der Apothekerverband. Ärzteverbände kritisieren, dass sie diesen zwei Wochen vorher bestellen und entsprechend planen müssen.
Was ist, wenn ich keinen Hausarzt habe? Interessierte wenden sich an eine Impfstelle oder können über das Arztregister der KV eine ImpfPraxis in ihrer Nähe finden (www. coronaimpfung.nrw/impfregister).
Wie funktionieren die Impfstellen? Die Impfzentren wurden im September
geschlossen, nun kommen kleinere Impfstellen. Die Impfärzte werden von der KV vermittelt, für das übrige Personal sind die Kommunen verantwortlich. Das Ministerium hat erste Impfstellen genehmigt für Bochum, Bonn, Duisburg, Düren, Düsseldorf, Hagen, Köln, Krefeld, Solingen und Wuppertal. Das Ganze soll unbürokratisch laufen: Die Impfstellen in Düsseldorf können ohne Termin aufgesucht werden: „Erst-, Zweit- und Auffrischungsimpfungen sind dort ohne Termin für alle Berechtigten ab zwölf Jahren möglich – wenn der vollständige Impfschutz mindestens ein halbes Jahr besteht.“Schriftliche Einladungen gibt es weder von Impfstellen noch Praxen.
Sollen sich auch Kinder ab zwölf boostern lassen? „Hierzu können wir keine generelle medizinische Empfehlung abgeben, dies ist Aufgabe der Stiko“, so die KV. Kinder haben ein stärkeres Immunsystem als Ältere und sind weniger gefährdet, aber: „Grundsätzlich kann der Arzt nach seinem medizinischen Ermessen über die Notwendigkeit einer Auffrischimpfung entscheiden.“
Was ist mit Kreuzgeimpften? Viele haben als erstes den Impfstoff von Astrazeneca erhalten und – nach einer Volte der Stiko – als zweites Biontech. Solche Kreuzimpfungen erwiesen sich als besonders wirksam, was die Bildung der T-Zellen angeht, die infizierte Zellen vernichten. Auch für diese Gruppe wird eine Booster-Empfehlung erwartet. „Hierzu bleibt noch eine Äußerung der Stiko abzuwarten“, so die KV.
Wie wirksam ist Boostern, welche Nebenwirkungen treten auf? Hier hat die Stiko gute Nachrichten: So sprechen Impflinge signifikant besser auf die dritte Dosis an als auf die zweite, die Immunantwort ist hoch. Vereinzelt berichten Patienten zwar über stärkere Nebenwirkungen wie Abgeschlagenheit und lokale Schmerzen. Doch die Stiko kommt unterm Strich in ihrem Bulletin zu dem Schluss: „Insgesamt waren Frequenz und Ausprägung der Lokalreaktionen und der systemischen Reaktionen nach der Auffrischimpfung mit denen nach Verabreichung der zweite Dosis von Biontech vergleichbar.“