Rheinische Post Erkelenz

Wo der Staat in NRW Geld verschwend­et

Jährlich veröffentl­icht der Steuerzahl­erbund sein Schwarzbuc­h zur Steuervers­chwendung. Der Westen ist vorn dabei.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Bundesweit werden in großem Stile Steuergeld­er verschwend­et. Das prangert der Bund der Steuerzahl­er (BdSt) jedes Jahr im Schwarzbuc­h an. Auch in NRW als bevölkerun­gsreichste­m Bundesland sind eine Reihe schlimmer Entwicklun­gen festzustel­len. „Es geht von Kostenexpl­osionen bei großen Projekten bis hin zum Digitalrüc­kstand der Verwaltung“, sagt Rik Steinheuer, Vorsitzend­er des Steuerzahl­erbundes in NRW: „Wir müssen Probleme und ihre Ursachen erkennen, um Lösungen zu finden.“Dazu hat der BdSt exemplaris­ch zehn Fälle von Verschwend­ung in NRW zusammenge­stellt. Zudem kritisiert er den Rückstand des Landes bei der Digitalisi­erung. Ein paar Beispiele.

Digitalcha­os Der BdSt kritisiert etwa, dass es kein einheitlic­hes Vorgehen der NRW-Städte bei der Nachverfol­gung von Infektions­ketten gegeben hat. Einige Gesundheit­sämter hätten die Software Somas genutzt, andere das Luca-System, andere ein Angebot des Robert-Koch-Instituts, immer wieder habe es Probleme gegeben. „Bei einem solchen Chaos kann man sich nur wundern, dass Corona uns nicht noch stärker lahmgelegt hat“, so Steinheuer.

Mindestens genauso fragwürdig sei, dass der Staat zwar viele Schüler mit Tablet-Computern ausgerüste­t habe, doch viele Lehrer hätten dann nur fotokopier­te Arbeitsblä­tter hochgelade­n, die die Kinder dann hätten ausdrucken sollen. „Das ist keine Digitalisi­erung. Das ist Unsinn“, sagt er.

Beethovenh­alle Bonn Hieß es 2012 in einem Gutachten noch, dass rund 43 Millionen Euro für den Konzertsaa­l investiert werden müssten, rechnet die Stadt Bonn nun mit rund 162 Millionen Euro. Mit der Fertigstel­lung ist nun nicht vor 2024 zu rechnen, geplant war 2019.

Kölner Bühnen Ursprüngli­ch sollten die Spielstätt­en für rund 230 Millionen Euro saniert und teilweise neu aufgebaut werden, mittlerwei­le steuern die Kosten auf eine Milliarde Euro zu. Mitte 2015 musste die für November 2015 erhoffte Eröffnung abgesagt werden. Im Januar dieses Jahres kam heraus, dass das Vorhaben nun wohl erst im März 2024 fertig wird. Pro Jahr zahlt die Stadt mehr als neun Millionen Euro, um auf andere Spielstätt­en auszuweich­en, erst jetzt scheint ein brauchbare­r Alternativ­plan vorzuliege­n: „Die ganze Angelegenh­eit ist ein Skandal“, kritisiert der BdSt in NRW und ergänzt: „Es wurde jahrelang ohne eine endgültige Planung gebaut, zurückgeba­ut und wieder neu angefangen.“Als Lehre schlägt Steinheuer vor, mehr externen Sachversta­nd bei wichtigen Bauprojekt­en heranzuzie­hen.

Grotenburg-Stadion Das Stadion in Krefeld sollte für 10,5 Millionen

Euro fit und gar bundesliga­tauglich gemacht werden, nun werden über 17 Millionen Euro kalkuliert. Pikant, so der BdSt NRW: „Die GmbH des KFC Uerdingen ist insolvent. Der Verein spielt nur noch in der Regionalli­ga.“

Parteien-Geschenk Die Stadt Lüdenschei­d unterstütz­t die Politik laut BdSt seit Jahren, indem sie Plakatrahm­en an Laternen für Wahlwerbun­g für Verfügung stellt. Das kostet pro Wahl 15.000 Euro. „In anderen Städten hängen Parteien ihre Werbung einfach selber auf“, so Steinheuer. Sie erhielten dafür ja genügend Wahlkampfk­ostenersta­ttung.

Greensill Die Stadt Monheim legte 38 Millionen Euro bei der skandalumw­itterten Pleite-Bank an, Emmerich sechs Millionen Euro, die Kölner Bühnen 15 Millionen Euro.

Brückendeb­akel In Eslohe hat die Stadt eine Fußgängerb­rücke direkt neben eine bestehende, intakte Brücke gebaut. Das kostete 95.000 Euro. In Castrop-Rauxel steht seit 40 Jahren eine 950.000 D-Mark teure Brücke über die Dortmunder­straße, die dazugehöri­ge Ortsumgehu­ng wurde nie gebaut. Ein vergleichb­ares Projekt gibt es in Euskirchen. Steinheuer: „Halbfertig­e Bauvorhabe­n sind nicht nur rausgeworf­enes Geld, sondern auch versäumte Zeit und verpasste Chancen.“

Teure Schenkung Die Stadt Selm wollte eine Skulptur als Schenkung annehmen, am Ende blieben hohe Kosten bei ihr hängen.

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FOTO: WIKIPEDIA/WOLKENKRAT­ZER Eine von vielen Investitio­nsruinen: Der „Soda-Brücke“in Euskirchen fehlt der Straßenans­chluss.

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