Nach der Flut fehlt der Platz für Sport
Der durch die Hochwasserschäden nötige Wiederaufbau stockt bei den Vereine.
MAINZ (dpa) Fast vier Monate ist es her, dass die Hochwasserkatastrophe den Sportverein ABK 54 Ahrbrück erwischt hat. Geschäftsführer Christian Keuler wird aber noch täglich an die Folgen der Flutwelle erinnert. „Uns sind unsere Kabine, Bälle und andere Trainingsutensilien abgesoffen“, sagt Keuler. Vielen anderen Sportvereinen in der Region gehe es noch viel schlimmer, meint er. So etwa dem Turn- und Sportverein (TuS) Ahrweiler 1898: „Wir beginnen praktisch nach fast 125 Jahren Vereinsgeschichte von ganz vorne“, erklärt Geschäftsführerin Sabine Schenke.
Allein ein Blick auf die Zahlen lässt das immense Ausmaß der Schäden erahnen: In Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sind etwa 400 Vereine von den Zerstörungen betroffen, der Schaden wird auf 118 Millionen Euro geschätzt, wie der Sportbund Rheinland und der Landessportbund (LSB) NRW mitteilen.
Aber: „Wir gehen davon aus, dass die Kosten für den Wiederaufbau der Sportinfrastruktur noch über die reine Schadensmeldung hinausgeht, da die Anlagen vor allem im Ahrtal häufig total zerstört sind und somit höhere Kosten als bei einer regulären Sanierung anfallen“, sagt die rheinland-pfälzische LSB-Präsidentin, Monika Sauer, im „Magazin des Sports in Rheinland-Pfalz“.
Vielen Sportfreunden fehle es etwa immer noch an Trainingsplätzen, erklärt Keuler. Wo früher gekickt wurde, stehen jetzt Container für Aufräumarbeiten und Duscheinrichtungen. „Wir rechnen damit, dass das noch die nächsten eineinhalb Jahre so bleiben wird“, sagt der Geschäftsführer. Vielerorts sei der Wiederaufbau der Sportstätten noch nicht angelaufen, einige Sportanlagen seien aber schon wieder provisorisch im Einsatz, meint der Vorsitzende des Stadtsportverbands Erftstadt, Peter Kaulen-Windgassen.
Die Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen zählt zu den Orten, die von der Flutwelle besonders hart erwischt wurden. Für das Training stünden Ausweichmöglichkeiten in weniger
Sabine Schenke Geschäftsführerin TuS Ahrweiler 1898
betroffenen Nachbarorten zur Verfügung, sagt Keuler. Das Pendeln stelle aber vor allem für viele Eltern eine zusätzliche Belastung zum ohnehin schwierigen Alltag dar.
Eine besonders große Herausforderung ist laut Susanne Weber von der Sportjugend Rheinland auch der bevorstehende Winter: „Viele Vereine haben in den vergangenen Wochen den Trainingsbetrieb wieder aufgenommen – vor allem mit Outdoor-Angeboten.“Die kalten Monate schränken die Sportmöglichkeiten nun jedoch ein, „da nicht alle Sportarten auch bei kalten Temperaturen draußen erfolgen können und zudem einzelne Rasenplätze im Winter nicht bespielbar sind.“
„Zusätzlich sind, wie unsere Mitglieder auch, viele unserer Übungsleiter extrem betroffen. Nur ein Bruchteil kann bisher wieder motiviert werden, Trainingsstunden anzubieten“, erklärt die Geschäftsführerin des TuS Ahrweiler 1898. Darunter leide der Verein sehr.
Finanzielle Hilfe erhalten die Vereine etwa durch den Nationalen Wiederaufbaufonds. Dadurch sollen Kommunen und Vereinen 30 Milliarden Euro zugutekommen, wie es am vergangenen Freitag auf der Sportministerkonferenz in Koblenz hieß.
Auch vom LSB NRW gibt es einen Fördertopf für Soforthilfe in Höhe von 500.000 Euro, von dem bislang etwas weniger als die Hälfte abgerufen wurde. Der Sportbund Rheinland sowie die Stiftung des Fußballverbands Rheinland unterstützen Vereine mit einem Maximalbetrag von 12.000 Euro für neue Sportund Technikgeräte. Aus Sicht des Geschäftsführers des ABK 54 Ahrbrück machen solche Förderungen bislang aber keinen Sinn. Denn was den Vereinen am meisten fehle, sei schlichtweg Platz für Trainingseinheiten, sagt er.
Trotz der großen Herausforderung lassen sich viele Sportvereine wie der TuS Ahrweiler 1898 nicht unterkriegen: „Wenn der Wiederaufbaufond das hält was er verspricht, sehen wir optimistisch in die Zukunft. Allerdings werden wir Jahre zum Aufbau brauchen“, sagt die Geschäftsführerin des Vereins.
„Wir werden Jahre zum Aufbau brauchen“