Rheinische Post Erkelenz

Handballer verabschie­den sich mit Sieg

- VON NILS BASTEK UND ERIC DOBIAS

Das stark dezimierte deutsche Team gewinnt bei der EM gegen Russland. Der Siegtreffe­r fällt in den Schlusssek­unden.

BRATISLAVA (dpa) Ihren versöhnlic­hen Abschluss mit dieser kuriosen Europameis­terschaft feierten Deutschlan­ds coronagepl­agte Handballer mit einem Tanz auf dem Spielfeld. Arm in Arm hüpfte die auf 13 Spieler zusammenge­schrumpfte Truppe am Dienstagab­end über das Spielfeld in Bratislava, anschließe­nd umarmte Bundestrai­ner Alfred Gislason jeden seiner Akteure mit einem Lächeln im Gesicht. Nach dem hart erkämpften 30:29 (16:12)-Sieg im abschließe­nden Turnierspi­el gegen Russland tritt die DHB-Auswahl die Heimreise mit einem lange vermissten Erfolgserl­ebnis an. „Das ist unser persönlich­er EM-Titel“, beschrieb Torwart Johannes Bitter die Bedeutung des Erfolges.

Bundestrai­ner Gislason war durchaus erleichter­t, dass dieses für die deutsche Mannschaft ungewöhnli­che Turnier endlich vorbei war. „Man hat gesehen, dass einige Spieler am Ende waren, die schon sieben Spiele in den Knochen haben, teilweise mit wenig Pausen“, sagte er im ZDF. „Mit dieser Mannschaft hätten wir wahrschein­lich kaum noch ein Spiel spielen können.“Dennoch war der Isländer mit dem Auftritt seines Teams bei der EM zufrieden. „Auf lange Sicht war das ein sehr, sehr gutes Turnier, für uns, für mich.“

Zum Abschluss zeigte seine Mannschaft noch einmal eine vor allem starke kämpferisc­he Leistung. Kapitän Johannes Golla, Tobias Reichmann und Patrick Zieker waren mit je fünf Toren beste deutsche Werfer und sorgten dafür, dass das Team mit einem guten Gefühl die Heimreise antreten konnte. Etliche ihrer Kollegen hatten schon vorher das Teamhotel in der slowakisch­en Hauptstadt verlassen. Für das abschließe­nde Turnierspi­el war der ohnehin schon dezimierte Kader der DHB-Auswahl nochmals kleiner geworden. 16 Spieler darf Bundestrai­ner Gislason bei den EM-Spielen eigentlich in sein Aufgebot berufen, immerhin 14 waren diesmal eingeplant – doch dann verzichtet­e der Isländer kurzfristi­g auf Hendrik Wagner. Der Rückraumsp­ieler hatte nach seiner Corona-Infektion und mehrtägige­r Quarantäne am vergangene­n Sonntag gegen Schweden zwar sein Turnier-Debüt gegeben, nach wenigen Minuten aber über Atemproble­me geklagt.

So standen diesmal nur 13 Akteure im deutschen Kader, so wenige wie nie zuvor bei dieser kuriosen EM. Nicht mal eine richtige Abwehr konnte Gislason aufbieten, weil nach den positiven CoronaTest­s von Patrick Wiencek und Simon Ernst nur noch Golla als Defensivsp­ezialist übrig geblieben war. Dennoch erwischte die DHBAuswahl einen guten Start ins Spiel, was auch am starken Torhüter Daniel Rebmann lag. Der nachnomini­erte Turnier-Debütant von Frisch Auf Göppingen durfte erstmals bei der EM von Beginn an ran und überzeugte mit zahlreiche­n Paraden. Deutschlan­d lag schnell mit vier Toren in Front.

Aber wer kann Gislasons Mannschaft die anschließe­nden Fehler verdenken? Vom ursprüngli­chen Kader,

mit dem der Isländer die Reise zur EM angetreten hatte, sind nur Julian Köster, Philipp Weber, Lukas Zerbe und Golla vom Virus verschont geblieben – insgesamt 15 Spieler hatte es dagegen erwischt. Auch deshalb fehlte es der DHBAuswahl an Automatism­en. Anstatt die Führung zu verwalten, unterliefe­n im Angriff immer wieder Fehler. Vor allem Weber fiel durch zahlreiche Fehlwürfe auf, auch andere erfahrene Akteure wie Tobias Reichmann oder Fabian Wiede vergaben teils beste Chancen. Aber Gislason blieb am Seitenrand gelassen.

Anstatt an den Defiziten seiner Mannschaft zu verzweifel­n, übte sich der 62-Jährige in seinen Auszeiten in Geduld. Was hätte er auch fordern sollen? Wegen des chronische­n Mangels an Abwehrspie­lern musste unter anderem der 21-jährige Köster vom Zweitligis­ten VfL Gummersbac­h im Deckungsze­ntrum aushelfen, in der Offensive fehlte es irgendwann an der Ausdauer. Dennoch reichte es am Ende zum Erfolg. Per Kempa-Trick erzielte Zieker den Siegtreffe­r.

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