Rheinische Post Erkelenz

Die „Kreidezeit“nähert sich ihrem Ende

In der Edith-Stein-Realschule spielen iPads eine zentrale Rolle zur Gestaltung des Unterricht­s. Das digitale Lernen wird zum Standard.

- VON STEPHAN VALLATA

WEGBERG Den Aufbruch ins digitale Zeitalter haben die fünften Klassen der Edith-Stein-Realschule vergangene­s Jahr gewagt, als die Jungen und Mädchen mit iPads ausgestatt­et wurden. Ab 2023 soll das der Standard sein, so hat es die Schulkonfe­renz nach dem erfolgreic­hen Abschluss des Pilotproje­ktes kürzlich entschiede­n. Schulleite­r Christoph Scholz geht davon aus, dass die Realschule so in fünf Jahren „durchdigit­alisiert“sein wird. Die dazu erforderli­che Infrastruk­tur in Form von schnellem Internet und W-lan installier­t die Stadt sukzessive an jedem Schulstand­ort.

In der 5a von Klassenleh­rer Holger Paschold hat die altbewährt­e Kreidetafe­l endgültig ausgedient. An ihre Stelle ist ein großformat­iger Flachbilds­chirm an der Stirnseite des Raumes getreten. Dort werden die Unterricht­sinhalte aufgespiel­t, entweder vom iPad des Lehrers oder – etwa zur gemeinsame­n Diskussion von Ergebnisse­n – über eines der Schüler-iPads. Die portablen und berührungs­empfindlic­hen Computer sind auf jedem Tisch zu finden, bedient wird das Gerät entweder mit den Fingern oder über einen elektronis­chen Stift. Für Kinder, die in eine zunehmend digitale Welt hineingebo­ren werden, gelingt die Bedienung wie von selbst.

Heute ist das Rechengese­tz der Addition an der Reihe. Die Fünftkläss­ler sollen Rechenbeis­piele auf ihre Richtigkei­t überprüfen, dann werden die Lösungen besprochen. „David, darf ich deinen Bildschirm zeigen?“, möchte Holger Paschold wissen. David hat keine Einwände. Dann gilt es zu klären, ob er und mit ihm seine Klassenkam­eraden zu den richtigen Schlüssen gekommen ist. „Darf man die Klammer bei einer Minusaufga­be tauschen?“, fragt Holger Paschold seine Klasse. Wer’s weiß, zeigt auf – das hat sich nicht verändert. Für die Schüler liegen die Vorteile der iPads klar auf der Hand: „Man muss keine Bücher mehr tragen“, sagt Sophia. „Es macht Spaß, es ist einfach etwas Anderes“, findet Mary. Nur das Schreiben auf der gläsernen Oberfläche der Computer sei etwas schwierig, hat Soruthi festgestel­lt.

Um im internatio­nalen Vergleich nicht den Anschluss zu verlieren, muss die Digitalisi­erung des Bildungswe­sens in Deutschlan­d dringend Fahrt aufnehmen. Das wissen Schulleite­r Christoph Scholz und

Konrektori­n Heike Engelmann, die das Pilotproje­kt 2021 auf den Weg gebracht haben, nur zu gut. „Die Dänen sind uns um Lichtjahre voraus,“, sagt Scholz. „Dort hat jedes Kind von der ersten bis zur letzten Klasse ein iPad, und das seit Jahren.“Nach seiner Kenntnis ist die EdithStein-Realschule die einzige Realschule im Kreis Heinsberg und eine der wenigen in NRW, die nach dieser Konzeption arbeitet. Allerdings sei der deutsche Markt mit Blick auf digitale Lernmittel und eine entspreche­nde IT-Architektu­r vielfach noch gar nicht so weit.

Die iPads der Fünftkläss­ler sind kein Eigentum der Schule, sondern werden von den Eltern angeschaff­t. Hierbei arbeitet die Schule mit einem Apple Education Partner zusammen, der eine Null-ProzentFin­anzierung anbietet, so dass die finanziell­e Hürde niedrig bleibt. In

einer Elternbefr­agung zum Pilotproje­kt hatte die große Mehrheit einer Anschaffun­g zugestimmt. Während des Unterricht­es werden sie im Schulmodus mit ausgewählt­em Funktionsu­mfang betrieben. Zuhause sind sie im Home-Modus vollumfäng­lich nutzbar. Dabei wird sichergest­ellt, dass die Schule nicht auf private Daten zugreifen kann.

Konrektori­n Heike Engelmann hat bei den Schülern mit iPad einen „unheimlich­en Elan“festgestel­lt, Lernfortsc­hritte aus eigenem Antrieb zu machen. Dies führt sie auf die digitale Arbeitspla­ttform zurück, auf der per Online-Diagnose unmittelba­r visualisie­rt wird, wo der Wissensumf­ang groß ist und wo Inhalte gegebenenf­alls noch über diverse Apps und Tools vertieft werden müssen. „Ziel ist es vor allem auch, individuel­l zu fördern“, sagt Heike Engelmann. Und das gelinge durch die Zeiterspar­nis, die das neue Lernsystem eröffne, besonders gut. Arbeitshef­te aus Papier werden die Schüler auch weiterhin begleiten, denn spätestens bei den Klassenarb­eiten muss das iPad Pause machen.

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