Die „Kreidezeit“nähert sich ihrem Ende
In der Edith-Stein-Realschule spielen iPads eine zentrale Rolle zur Gestaltung des Unterrichts. Das digitale Lernen wird zum Standard.
WEGBERG Den Aufbruch ins digitale Zeitalter haben die fünften Klassen der Edith-Stein-Realschule vergangenes Jahr gewagt, als die Jungen und Mädchen mit iPads ausgestattet wurden. Ab 2023 soll das der Standard sein, so hat es die Schulkonferenz nach dem erfolgreichen Abschluss des Pilotprojektes kürzlich entschieden. Schulleiter Christoph Scholz geht davon aus, dass die Realschule so in fünf Jahren „durchdigitalisiert“sein wird. Die dazu erforderliche Infrastruktur in Form von schnellem Internet und W-lan installiert die Stadt sukzessive an jedem Schulstandort.
In der 5a von Klassenlehrer Holger Paschold hat die altbewährte Kreidetafel endgültig ausgedient. An ihre Stelle ist ein großformatiger Flachbildschirm an der Stirnseite des Raumes getreten. Dort werden die Unterrichtsinhalte aufgespielt, entweder vom iPad des Lehrers oder – etwa zur gemeinsamen Diskussion von Ergebnissen – über eines der Schüler-iPads. Die portablen und berührungsempfindlichen Computer sind auf jedem Tisch zu finden, bedient wird das Gerät entweder mit den Fingern oder über einen elektronischen Stift. Für Kinder, die in eine zunehmend digitale Welt hineingeboren werden, gelingt die Bedienung wie von selbst.
Heute ist das Rechengesetz der Addition an der Reihe. Die Fünftklässler sollen Rechenbeispiele auf ihre Richtigkeit überprüfen, dann werden die Lösungen besprochen. „David, darf ich deinen Bildschirm zeigen?“, möchte Holger Paschold wissen. David hat keine Einwände. Dann gilt es zu klären, ob er und mit ihm seine Klassenkameraden zu den richtigen Schlüssen gekommen ist. „Darf man die Klammer bei einer Minusaufgabe tauschen?“, fragt Holger Paschold seine Klasse. Wer’s weiß, zeigt auf – das hat sich nicht verändert. Für die Schüler liegen die Vorteile der iPads klar auf der Hand: „Man muss keine Bücher mehr tragen“, sagt Sophia. „Es macht Spaß, es ist einfach etwas Anderes“, findet Mary. Nur das Schreiben auf der gläsernen Oberfläche der Computer sei etwas schwierig, hat Soruthi festgestellt.
Um im internationalen Vergleich nicht den Anschluss zu verlieren, muss die Digitalisierung des Bildungswesens in Deutschland dringend Fahrt aufnehmen. Das wissen Schulleiter Christoph Scholz und
Konrektorin Heike Engelmann, die das Pilotprojekt 2021 auf den Weg gebracht haben, nur zu gut. „Die Dänen sind uns um Lichtjahre voraus,“, sagt Scholz. „Dort hat jedes Kind von der ersten bis zur letzten Klasse ein iPad, und das seit Jahren.“Nach seiner Kenntnis ist die EdithStein-Realschule die einzige Realschule im Kreis Heinsberg und eine der wenigen in NRW, die nach dieser Konzeption arbeitet. Allerdings sei der deutsche Markt mit Blick auf digitale Lernmittel und eine entsprechende IT-Architektur vielfach noch gar nicht so weit.
Die iPads der Fünftklässler sind kein Eigentum der Schule, sondern werden von den Eltern angeschafft. Hierbei arbeitet die Schule mit einem Apple Education Partner zusammen, der eine Null-ProzentFinanzierung anbietet, so dass die finanzielle Hürde niedrig bleibt. In
einer Elternbefragung zum Pilotprojekt hatte die große Mehrheit einer Anschaffung zugestimmt. Während des Unterrichtes werden sie im Schulmodus mit ausgewähltem Funktionsumfang betrieben. Zuhause sind sie im Home-Modus vollumfänglich nutzbar. Dabei wird sichergestellt, dass die Schule nicht auf private Daten zugreifen kann.
Konrektorin Heike Engelmann hat bei den Schülern mit iPad einen „unheimlichen Elan“festgestellt, Lernfortschritte aus eigenem Antrieb zu machen. Dies führt sie auf die digitale Arbeitsplattform zurück, auf der per Online-Diagnose unmittelbar visualisiert wird, wo der Wissensumfang groß ist und wo Inhalte gegebenenfalls noch über diverse Apps und Tools vertieft werden müssen. „Ziel ist es vor allem auch, individuell zu fördern“, sagt Heike Engelmann. Und das gelinge durch die Zeitersparnis, die das neue Lernsystem eröffne, besonders gut. Arbeitshefte aus Papier werden die Schüler auch weiterhin begleiten, denn spätestens bei den Klassenarbeiten muss das iPad Pause machen.