Noch ein Angreifer muss rein
Jonas Hofmann hielt Ausschau, eine Sekunde, zwei Sekunden, am Ende vier Sekunden, bis er den nachgerückten Manu Koné entdeckte. Geschickt worden war Hofmann von Breel Embolo, Mittelstürmer in Adi Hütters 3-4-2-1, in dieser Szene aber auf der rechten Seite auf Höhe der Mittellinie unterwegs. Als Hofmann wartete, lauerten im Strafraum nur sein Zehner-Kollege Florian Neuhaus und, unanspielbar auf der anderen Seite, der herbeigesprintete Flügelverteidiger Luca Netz.
Borussias einziges Tor beim 1:2 gegen Union Berlin war sehenswert von der Balleroberung in der eigenen Hälfte über Embolos feinen Einsatz und bis zu Konés Abschluss. Doch dahinter steckten ein Aufwand und ein Muster, die die Mannschaft zu selten reproduziert. Später bei der einzigen Großchance ackerte sich Abwehrspieler Matthias Ginter zur Grundlinie durch, der eingelaufene Netz wurde vom Abpraller überrascht.
Besonders am Quartett aus dem Zentrum – Koné, Hofmann, Neuhaus, Embolo – gab es nicht viel auszusetzen, sie erfüllten ihre Aufgaben. Doch schon folgender Vergleich verdeutlicht, dass Borussia im 3-4-2-1 vorne Wesentliches fehlt: Unter Dieter Hecking bildeten Hofmann und Neuhaus als Achter im 4-3-3 ein gefeiertes Duo, vor sich hatten sie an den besten Tagen der Saison 2018/19 allerdings nicht einen, sondern drei Kollegen – Lars Stindl, Alassane Plea und Thorgan Hazard.
Derzeit erweckt Gladbachs Offensivspiel buchstäblich den Eindruck, als fehlte da vorne jemand.
Die sogenannten Schienenspieler bemühen sich redlich, kommen im Zielbahnhof, nämlich auf Strafraumhöhe, aber immer wieder zu spät oder gar nicht an, um einen Angriff zu bereichern. Dem schnellen Netz liegt der Job immerhin mehr als dem fußballerisch limitierten Stefan Lainer.
Hütter ist sonst kein Dogmatiker, aber das 3-4-2-1 scheint er nun durchziehen zu wollen. Dass ihm dadurch in der Innenverteidigung heikle Entscheidungen erspart bleiben, ist nur ein Nebeneffekt. Dabei muss eine asymmetrische Viererkette mit einem defensiveren Lainer und einem offensiveren Ramy Bensebaini nicht weniger stabil sein. Davor Christoph Kramer als Abräumer, Koné könnte sich als Box-to-Box-Spieler noch mehr zum gegnerischen Strafraum orientieren. Ein 4-2-31 oder 4-3-3 böte Platz für einen Offensiven mehr. Vorne links, wo er seine beste Zeit erlebte, ließe sich vielleicht sogar Alassane Plea überzeugen, wieder ein gewinnbringender Teil des Teams zu werden. Wenn nicht, könnte der junge Netz weiter vorne reifen.