Das 3-4-2-1 hat viel Potenzial
Das 4-2-3-1, respektive 4-42 mit einer hängenden Spitze, ist der Borussen Lieblingssystem. Eine taktische Wohlfühloase, ein Rückzugsort auch in unrunden Zeiten. Bekannt bis in den letzten Winkel ist jeder Laufweg, jeder Passweg. Das kann helfen, aber auch hemmen. Wenn alles zu routiniert ist, zu eingespielt, zu starr. Das zeigte sich bei den Ex-Trainern Lucien Favre, Dieter Hecking und Marco Rose.
Adi Hütter hat sein 3-4-2-1 mitgebracht und auf Borussia übersetzt. Hütter hat damit neue Reize gesetzt und neue personelle Konstellationen möglich gemacht. Das System gibt dem Spiel Tiefe und Breite und passt zu Stärken und Schwächen des Kaders.
Es gibt viele Flügelverteidiger, die offensiv ausgerichtet sind, zu offensiv für eine Viererkette, es bedarf einer Absicherung durch einen dritten Verteidiger, der den Rücken freihält. Kritiker monieren, es sei eine verkappte FünferAbwehrkette, doch die offensive Interpretation der Flügelpositionen entkräftet das. Die Außenbahnen werden bespielt aus der Tiefe, zuweilen stehen die so genannten Schienenspieler weiter vorn als mancher Außenstürmer. Von denen gibt es ohnehin kaum welche im Aufgebot.
Da Hütter immer einen Umschaltsechser beschäftigt wie jetzt Manu Koné gegen Union, gibt es mit dem Ball reichlich Spieler, die Attacke machen können, bis zu sechs Borussen sind dann auf dem Weg nach vorn, die anderen schieben von hinten nach. Umgekehrt können in diesem System in allen
Räumen Überzahlsituationen hergestellt werden, um dem Gegner den Ball abzupressen und dann schnell umzuschalten.
Zudem gibt es Hütter die Möglichkeit, das offensive Zentrum stark zu besetzen mit der Doppelzehn und einer Spitze: Durch die Mitte ist der Weg zum Tor der kürzeste. Personell sieht Hütter im Kader viele offensive Mittelfeldspieler oder hängende Spitzen, jedoch nur wenige wirkliche Mittelstürmer: Breel Embolo und Marcus Thuram. Alassane Plea, einst als Mittelstürmer geholt, war stets eher einer, der mit Anlauf kam, bei Dieter Hecking im 4-3-3 über den Flügel und nun bei Hütter eben von der Halbposition im offensiven Mittelfeld aus. Dass einer von der Zehn mal vorn reinstößt, ist dringend erwünscht.
Dass sich das neue System noch einspielen muss, ist logisch. Aber es ist sicher nicht die Hauptursache für Borussias Sorgen. Es kommt grundsätzlich darauf an, wie die Spieler das System mit Leben füllen. Das 3-4-2-1 hat viel Potenzial. Man sollte ihm daher Zeit geben, zu reifen.