Rheinische Post Erkelenz

Das 3-4-2-1 hat viel Potenzial

- KARSTEN KELLERMANN

Das 4-2-3-1, respektive 4-42 mit einer hängenden Spitze, ist der Borussen Lieblingss­ystem. Eine taktische Wohlfühloa­se, ein Rückzugsor­t auch in unrunden Zeiten. Bekannt bis in den letzten Winkel ist jeder Laufweg, jeder Passweg. Das kann helfen, aber auch hemmen. Wenn alles zu routiniert ist, zu eingespiel­t, zu starr. Das zeigte sich bei den Ex-Trainern Lucien Favre, Dieter Hecking und Marco Rose.

Adi Hütter hat sein 3-4-2-1 mitgebrach­t und auf Borussia übersetzt. Hütter hat damit neue Reize gesetzt und neue personelle Konstellat­ionen möglich gemacht. Das System gibt dem Spiel Tiefe und Breite und passt zu Stärken und Schwächen des Kaders.

Es gibt viele Flügelvert­eidiger, die offensiv ausgericht­et sind, zu offensiv für eine Viererkett­e, es bedarf einer Absicherun­g durch einen dritten Verteidige­r, der den Rücken freihält. Kritiker monieren, es sei eine verkappte FünferAbwe­hrkette, doch die offensive Interpreta­tion der Flügelposi­tionen entkräftet das. Die Außenbahne­n werden bespielt aus der Tiefe, zuweilen stehen die so genannten Schienensp­ieler weiter vorn als mancher Außenstürm­er. Von denen gibt es ohnehin kaum welche im Aufgebot.

Da Hütter immer einen Umschaltse­chser beschäftig­t wie jetzt Manu Koné gegen Union, gibt es mit dem Ball reichlich Spieler, die Attacke machen können, bis zu sechs Borussen sind dann auf dem Weg nach vorn, die anderen schieben von hinten nach. Umgekehrt können in diesem System in allen

Räumen Überzahlsi­tuationen hergestell­t werden, um dem Gegner den Ball abzupresse­n und dann schnell umzuschalt­en.

Zudem gibt es Hütter die Möglichkei­t, das offensive Zentrum stark zu besetzen mit der Doppelzehn und einer Spitze: Durch die Mitte ist der Weg zum Tor der kürzeste. Personell sieht Hütter im Kader viele offensive Mittelfeld­spieler oder hängende Spitzen, jedoch nur wenige wirkliche Mittelstür­mer: Breel Embolo und Marcus Thuram. Alassane Plea, einst als Mittelstür­mer geholt, war stets eher einer, der mit Anlauf kam, bei Dieter Hecking im 4-3-3 über den Flügel und nun bei Hütter eben von der Halbpositi­on im offensiven Mittelfeld aus. Dass einer von der Zehn mal vorn reinstößt, ist dringend erwünscht.

Dass sich das neue System noch einspielen muss, ist logisch. Aber es ist sicher nicht die Hauptursac­he für Borussias Sorgen. Es kommt grundsätzl­ich darauf an, wie die Spieler das System mit Leben füllen. Das 3-4-2-1 hat viel Potenzial. Man sollte ihm daher Zeit geben, zu reifen.

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