Neue Kriegsschiffe, Kampfjets und Hubschrauber: Die Regierung in Athen startet das größte militärische Investitionsprogramm ihrer jüngeren Geschichte. Ministerpräsident Mitsotakis hat dabei nicht nur den Rivalen Türkei im Blick. Er will auch die Rolle se
an Griechenland. Die ersten Maschinen sollen bereits in diesen Tagen auf dem Fliegerhorst Tanagra bei Athen eintreffen. Verhandlungen über die Lieferung weiterer sechs Flugzeuge stehen kurz vor dem Abschluss.
Auch der US-Rüstungskonzern Lockheed kommt im Rahmen von Griechenlands militärischen Investitionen zum Zuge: Das Unternehmen arbeitet gegenwärtig gemeinsam mit Hellenic Aerospace einen Auftrag zur Modernisierung von 84 älteren F-16-Kampfflugzeugen der griechischen Luftstreitkräfte ab. Lockheed hofft auch auf eine Bestellung der Griechen für sein modernstes Kampfflugzeug, den Tarnkappenjet F-35. Für seine Marine hat Griechenland beim US-Hersteller Sikorsky sieben Hubschrauber des Typs MH-60R geordert.
Das Rüstungsprogramm flankiert die Regierung mit einer Reihe bilateraler Abkommen über militärische Zusammenarbeit. Bereits Mitte Oktober schlossen Athen und Washington ein auf fünf Jahre angelegtes militärisches Kooperationsabkommen.
Vier Wochen zuvor hatte Mitsotakis mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron einen Vertrag über strategische Zusammenarbeit und gegenseitigen militärischen Beistand besiegelt. Bereits Anfang 2021 vereinbarten Griechenland und Israel den gemeinsamen Aufbau und Betrieb einer Militärfliegerschule bei Kalamata auf der Halbinsel Peloponnes.
Die Aufrüstung geht natürlich ins Geld. Bereits im vergangenen Jahr hatte Griechenland seine Rüstungsausgaben gegenüber dem Vorjahr
von 500 Millionen auf 2,5 Milliarden Euro verfünffacht. In diesem Jahr soll der Etat auf 3,36 Milliarden steigen. Im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung geben in der Nato lediglich die USA noch mehr für die Verteidigung aus als Griechenland.
Hohe Militärausgaben waren seinerzeit einer der Gründe für die griechische Staatsschuldenkrise. Das soll sich aber nicht wiederholen, versichert die Regierung. Finanzminister Christos Staikouras gelobt fiskalische Disziplin und verspricht für das kommende Jahr einen Primärüberschuss
„wenn nötig auf dem Schlachtfeld begegnen“.
Die türkischen Streitkräfte sind zwar den griechischen zahlenmäßig überlegen. Aber Militärexperten sehen eine mögliche Beschaffung von F-35 durch Griechenland als „Game Changer“. Damit könnte Griechenland die Luftüberlegenheit in der Ägäis gewinnen, meinen Fachleute. Pikant: Die Türkei, die ursprünglich 100 Maschinen dieses Typs bestellt hatte, muss auf das Flugzeug verzichten. Die US-Regierung stoppte die Lieferung, weil Erdogan in Russland Luftabwehrraketen des Typs S-400 bestellte. Mit den in der Türkei stationierten Raketen könnte Russland die Stärken und Schwächen der F-35 ausspionieren, befürchtet man in Washington.
Erdogans Waffengeschäfte mit Russland haben nicht nur das Verhältnis zu den USA belastet, sondern auch in der Nato Zweifel an der Zuverlässigkeit des Bündnispartners Türkei gesät. Griechenland versucht, diese Situation für sich zu nutzen. Ministerpräsident Mitsotakis stellt sein Land als verlässliche Alternative dar. US-Außenminister Antony Blinken würdigt Griechenland als „glaubwürdigen Partner“und „Pfeiler der Stabilität“im östlichen Mittelmeer. Das Pentagon-nahe US-Nachrichtenportal Real Clear Defense schreibt, Griechenland könne „das neue Bollwerk an der Südostflanke der Allianz“werden – eine Rolle, die bisher der Türkei zugedacht war.