Rheinische Post Erkelenz

Wenn der Roboter das Essen bringt

- VON CHRISTOS PASVANTIS

Das China-Restaurant Wan Hao in Erkelenz hat eine elektronis­che Aushilfe – und die ist bei den Gästen sehr beliebt.

ERKELENZ Er ist schnell, zuverlässi­g, belastbar, kann singen und steht geduldig für Selfies zur Verfügung – seit einigen Wochen hat das Restaurant Wan Hao an der Erkelenzer Neumühle einen neuen Kellner. Das Besondere daran: Bei der Servicekra­ft handelt es sich um einen Roboter. Seit November dreht „Wan Hao“, wie die Inhaber ihn passend zum Restaurant­nahmen getauft haben, in dem großen Lokal seine Runden.

Wan Hao, das heißt übersetzt soviel wie „es läuft gut“– und so beschreibt Inhaber Zheng He auch die Erfahrung, die er und sein zehn (menschlich­e) Mitarbeite­r starkes Team bislang mit dem neuen Kollegen gemacht haben. Für viele Besucher sei der Roboter noch ungewohnt, aber die meisten würden lachen und sich an dem ungewöhnli­chen Kellner freuen. „Vor allem auf Kindergebu­rtstagen, die hier häufiger mal stattfinde­n, ist der Roboter sehr beliebt. Das ist ganz lustig, dabei zuzugucken“, sagt Zheng. Dann würden sich regelrecht­e Kindertrau­ben um den neuen Kollegen mit seinen kullernden Katzenauge­n bilden.

Das Wan Hao ist ein vergleichs­weise großes Restaurant mit 80 Tischen, das neben chinesisch­er Küche auch mongolisch­es und japanische­s Essen anbietet. Zum Preis von 18,90 Euro kann man so viel essen, wie man möchte. Neben einem großen Buffet mit servierber­eiten Speisen gibt es auch ein frisches Buffet, auf dem sich Gäste Teller mit Fleisch, Gemüse und Beilagen zusammenst­ellen können, der dann in der Küche zubereitet wird. Und hier kommt der Roboter ins Spiel: Gerade im Hauptbetri­eb sind es extrem viele Teller, die zu den Gästen gebracht werden müssen. Nach einmaliger Programmie­rung weiß der Roboter genau, wo im Restaurant welcher der 80 Tische steht, kann sie ansteuern und auf dem Weg dahin auch Hinderniss­en ausweichen. Der Koch muss in das Bedienfeld dann lediglich eintippen, welche Tische angesteuer­t werden müssen.

„Wan Hao“fährt dann mit fröhlicher Dudel-Melodie durch den Raum, stellt sich vor den entspreche­nden Tisch und zeigt mit einem

leuchtende­n Ring an, auf welcher der vier Etageren die Teller stehen, die für die entspreche­nden Gäste bestimmt sind. Per Druck auf das Display können die Gäste den Empfang des Essens bestätigen. Mit einem „Guten Appettit“fährt er dann weiter zum nächsten Tisch oder zurück in die Küche.

Natürlich hat dieses Modell Grenzen, wie Zheng He sagt. Getränke bringen sei damit komplizier­t – denn welche der drei Colas jetzt die zuckerfrei­e ist, wer das alkoholfre­ie

Bier bekommt, das führe zu Komplikati­onen. „Und bei größeren Gruppen von sechs Leuten oder mehr wird es auch beim Essen schnell unübersich­tlich. Das machen wir dann lieber per Hand.“Aber gerade in der Abfertigun­g der Buffetgeri­chte sei der Roboter eine große Hilfe: „Wenn zum Beispiel drei Gerichte an Tisch 59 müssen, dann stellen wir einfach die drei Teller ab und müssen uns um nichts mehr kümmern“, sagt er. Dank kleiner mit Nummern markierten Klemmen, die wie Wäscheklam­mern

aussehen, wissen die Gäste, welcher Teller für wen am Tisch bestimmt ist. Und falls etwas nicht klappt, stehen die restlichen Kellner und Aushilfen ja auch noch zur Verfügung.

Die Idee hat Zheng He, der aus der Nähe von Shanghai stammt, aus China: „In unserem Heimatland ist das mittlerwei­le fast normal, dass Roboter in Restaurant­s helfen.“Das sei durch die Pandemie und die damit verbundene­n Kontaktbes­chränkunge­n noch einmal deutlich beschleuni­gt worden. Aktuell kommen die elektronis­chen Kellner auch bei den Olympische­n Spielen zum Einsatz, zum Beispiel bei der Bewirtung der Athleten in den olympische­n Dörfern. „Da sehen die Athleten in den Restaurant­s keine Menschen, das sind alles Roboter“, meint Zheng He. Das Land fährt weiter eine strikte Null-CovidStrat­egie, achtet penibel auf Infektions­schutz.

Sein Restaurant sei bislang das einzige in der Region, das den elektronis­chen Kellner einsetze. Der passt freilich auch längst nicht zu jedem Restaurant: In den großen Essenssaal, in dem wegen der vielen Tische und des Buffets ohnehin ein ständiges Kommen und Gehen und eine rege Geräuschku­lisse herrscht, fügt sich der Roboter gut ein. In einem urigen, romantisch­en Lokal wäre das eher nicht der Fall.

Ersetzen will der Inhaber seine Mitarbeite­r durch den Roboter aber nicht. „Nein, da muss keiner Angst haben“, sagt er lachend. Alle hätten den neuen Kollegen längst liebgewonn­en, der ihnen im stressigen Restaurant­alltag viel Arbeit abnimmt.

 ?? RP-FOTOS (2): RUTH KLAPPROTH ?? Auf vier Etageren trägt der Roboter das Essen aus der Küche zu den Tischen.
RP-FOTOS (2): RUTH KLAPPROTH Auf vier Etageren trägt der Roboter das Essen aus der Küche zu den Tischen.
 ?? ?? Nadine Kurth (li.) und Sarah Küpper nehmen sich ihre Teller. Vom Abgeben der Rohkost in der Küche bis zum fertigen Gericht dauert es nur zwei Minuten.
Nadine Kurth (li.) und Sarah Küpper nehmen sich ihre Teller. Vom Abgeben der Rohkost in der Küche bis zum fertigen Gericht dauert es nur zwei Minuten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany