Warum Tim für die Wehr wichtig ist
Die Feuerwehr Wassenberg lebt in der Löschgruppe Effeld ein besonderes Beispiel an Inklusion. Tim (18) wurde mit Trisomie 21 geboren – und kann dennoch seinen Dienst absolvieren.
Wo der Verteiler oder auch der gelbe Schlauch ihren Platz im Effelder Löschgruppenfahrzeug 20, das im Gerätehaus am Kastellweg steht, haben, weiß Tim ganz genau. Nachdem Matthias Jennissen, Löschgruppenführer in Effeld, das Heckrollo des Fahrzeuges geöffnet hat, klettert Tim die kleine Leiter hinauf und platziert alles dorthin, wo es hingehört. Frank Vondahlen, der stellvertretende Leiter der Feuerwehr Wassenberg, beobachtet die Szenerie ebenso begeistert wie Jennissen. Leute wie Tim braucht man nämlich bei der Feuerwehr. Die Wassenberger Feuerwehr hat sich darum etwas ganz Besonderes für Tim ausgedacht.
So ganz selbstverständlich ist das jedoch nicht, dass er Teil der Löschgruppe ist. Denn: Tim wurde mit dem Downsyndrom geboren. Als sich sein Vater Patrick Schopp damals dazu entschloss, in der Löschgruppe Effeld aktiv zu werden, hat er direkt über seinen Sohn gesprochen. Für die Wehrleute war Tim von Anfang an jemand, der irgendwie und auf seine ureigene Art mittendrin war. Sogar in der Jugendfeuerwehr machte er nach seinen Möglichkeiten mit, und zwar mit großer Begeisterung.
Gerade ist Tim 18 Jahre jung geworden – ein Alter, in dem normalerweise die Überstellung in die aktive Wehr, in die Einsatzabteilung, auf dem Plan steht. Doch das ist für Tim nicht möglich. Trotzdem ließ es sich die Stadtfeuerwehr nicht nehmen, pünktlich zur großen Geburtstagsparty eine offizielle Urkunde im Gepäck zu haben: Stellvertretender Wehrleiter Thomas Mandrossa überreichte an den sichtlich überraschten Tim die Überstellungsurkunde in die Unterstützungsabteilung der Wassenberger
Feuerwehr. Mehr noch: Tim ist das erste Mitglied dieser Abteilung.
„Er wusste davon ja nichts. Klar war die Feuerwehr eingeladen, aber dass das Fahrzeug kam und darüber hinaus sogar die Urkunde, wusste er nicht“, sagt Patrick Schopp, der Gerätewart der Löschgruppe Effeld. Und: Kameradin Lea hatte extra für Tim eine stilechte Geburtstagstorte gebacken. Für Tim war das Fest rundum gelungen.
Was ihm an der Feuerwehr gefällt? „Schwierig“, überlegt Tim, dem eine Antwort nicht so recht einfallen will, weil es eben so viele Dinge sind. Die Schläuche aufzurollen etwa, generell seinen Vater bei seinen Aufgaben als Gerätewart zu unterstützen. Unter seiner Aufsicht hilft Tim überall, wo es etwas
zu tun gibt. „Jetzt zum Beispiel packt er die Martinstüten mit“, sagt Matthias Jennissen und fügt hinzu: „Tim ist sozusagen ein vollwertiges Mitglied in unseren Reihen und integriert. Sicher wissen wir, dass er das ganze Wissen gar nicht haben kann. Aber es ist wichtig, dass er dabei ist. Tim ist unser gutes Beispiel. Wenn es uns gelingt, mit seiner Geschichte ein Zeichen zu setzen, ist viel gewonnen.“Frank Vondahlen meint weiter: „Wir leben hier einen integrativen und sinnvollen Hintergrund. In der Unterstützungseinheit besteht für Tim die Möglichkeit, wertvolle Hilfe zu leisten.
Tims Mutter Stefanie GörtzSchopp beschreibt den Alltag in der Familie so: „Manchmal hört Tim den Melder eher als mein Mann. Gerade nachts ist er dann eher wach als der Papa. Theorie ist nicht Tims Ding, dafür aber die Praxis.“Tim, Schüler der Oberbrucher Rurtal-Schule, ergänzt: „Wenn wir in der Schule Probealarm habe, weiß ich genau, was zu tun ist. Das ist klasse.“
Matthias Jennissen berichtet unterdessen, wie das Leben mit Tim in der Löschgruppe ist: „Tim ist unsere Partykanone Nummer 1 und der König der Wasserschlacht. Es ist schön, dass er bei uns ist. Von Anfang an war er nie ein Fremdkörper, das war nie ein Thema.“An Tim gerichtet sagt er: „Bald besuchst du mich ja auf der Arbeit.“Jennissen ist Berufsfeuerwehrmann in Neuss, einen Besuch dort will er für Tim realisieren. Gemeinsam mit Frank Vondahlen macht Matthias Jennissen Tim auf eine bestimmte Besonderheit aufmerksam: „Tim, du bist der Chef der Unterstützungseinheit. Klasse, oder?“In der Tat: Tim ist – wie erwähnt – der erste Feuerwehrmann, den die Wassenberger in diese Einheit überstellt haben.