Rheinische Post Erkelenz

Faszinatio­n Schumacher

Ausstellun­gen, Ehrungen, Erinnerung­en – der SkiUnfall des ehemaligen Formel-1-Stars jährt sich zum zehnten Mal in diesem Jahr. Die Begeisteru­ng für seine Person ist für viele geblieben.

- VON JENS MARX

(dpa) Michael Schumacher. Mehr als ein Name. Mehr als ein ehemaliger Rennfahrer. Auch weit nach seinem schwersten Unfall, der sich in diesem Monat zum zehnten Mal jährt. „Jemand hört Michaels Namen, und ihm fällt sofort ‚Formel 1‘ ein. Das haben nur die ganz Großen geschafft. Letztlich personifiz­iert Michael die Formel 1“, sagt seine Managerin, Sabine Kehm, der Deutschen Presse-Agentur.

Michael Schumacher machte die Formel 1 in Deutschlan­d zum Kult, auch ein Bastian Schweinste­iger erinnert sich nur zu gut an die Sonntage vor dem Fernseher, wie der Fußball-Weltmeiste­r von 2014 in einer mehrteilig­en Doku der ARD („Being Michael Schumacher“) erzählt, die in der Mediathek und am 28. Dezember (23.25 Uhr) im Ersten zu sehen ist. „Schumacher ist eine Ikone“, sagt der ehemalige NBA-Star Dirk Nowitzki in der Dokumentat­ion.

Michael Schumacher sorgte für Rekorde auf der Strecke, er bescherte den Sendern Topquoten und den Veranstalt­ern volle Ränge, er sorgte für ungebremst­e Bewunderun­g weltweit, aber auch heftige Kontrovers­en. Am Tag nach dem schwersten Unfall seines Lebens meldete sich sogar die damalige Kanzlerin. Seit diesen Tagen Ende 2013 ist Michael Schumacher jedoch aus der Öffentlich­keit verschwund­en. Seit jenem 29. Dezember 2013, als er sich beim Skifahren in Frankreich ein schweres Schädel-Hirn-Trauma zugezogen hatte.

Februar 2016. „Natürlich fehlt Michael an Tagen wie heute“, sagt Managerin Kehm. In Marburg wird eine Ausstellun­g eröffnet. Man könne nur geduldig hoffen und ihn bei allem unterstütz­en, „dass er eines Tages wieder dabei sein wird“, sagt Kehm auch. Drei Jahre werden die teils exklusiven Exponate aus dem Besitz der Familie Schumacher gezeigt, wegen des Andrangs wird die Ausstellun­g sogar verlängert.

Seit Juni 2018 gibt es die Dauerausst­ellung „Private Collection“in der Motorworld Köln. Unweit der Heimat des gebürtigen Rheinlände­rs, nicht weit von der Kartbahn in Kerpen, auf der die Karriere von Michael

Schumacher ihren Anfang genommen hatte. Die Hoffnung, dass Michael Schumacher eines Tages wieder dabei sein würde, hat sich bis heute nicht erfüllt. Auch nicht im Juli vergangene­n Jahres.

Diesmal nehmen Ehefrau Corinna und Tochter Gina die Ehrung stellvertr­etend entgegen. Michael Schumacher wird mit dem Staatsprei­s des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeich­net. „Ich hoffe, wir alle hoffen, dass der große Kämpfer Michael Schumacher weiterkämp­ft, niemals aufgibt, dass er vorankommt auf dem so schweren Weg, auf dem er sich befindet“, sagt Ministerpr­äsident Hendrik Wüst in seiner Rede. Als der Applaus bei der Übergabe noch mal lauter wird, sich die geladenen Gäste von ihren Stühlen erheben, kann Corinna Schumacher die Tränen nicht mehr zurückhalt­en.

Es ist nicht bekannt, wie es Michael Schumacher heute wirklich geht. Die Familie schirmt ihn seit dem Skiunfall in Méribel ab. Trotz

Helmes hatte er sich schwere Hirnverlet­zungen zugezogen. Er war am Rand der Piste bei einem Schwung gegen einen leicht eingeschne­iten und nicht sichtbaren Stein geprallt, ausgehebel­t worden und mit dem Kopf auf einen anderen Stein geprallt. Tage des Kampfes gegen den Tod begannen, Tage mit riesigem Medienaufl­auf vor dem Krankenhau­s in Grenoble und teils absurden Versuchen, an Informatio­nen zu bekommen. Seit Jahren veröffentl­icht die Familie keine Details mehr zum Zustand von Michael Schumacher. Am 3. Januar wird er 55 Jahre alt.

„Es ging immer darum, Privates zu schützen“, erklärte der Medienanwa­lt der Familie Schumacher, Felix Damm, im Oktober in einem Interview dem „Legal Tribune Online“. „Darüber, wie das möglich ist,

haben wir natürlich viel diskutiert. So haben wir auch mal überlegt, ob eine finale Meldung über den Gesundheit­szustand von Michael hierfür der richtige Weg sein könnte“, sagte Damm: „Doch danach wäre ja nicht Schluss gewesen und es hätten dann permanent aktualisie­rte ‚Wasserstan­dsmeldunge­n‘ erfolgen müssen. Denn als Betroffene­r hat man es nicht in der Hand, den Medien damit einen Schlussstr­ich zu verordnen.“

Michael Schumacher­s Familie macht das, was er in seiner Karriere auch machte: Die Familie schützen. Es gab den Rennfahrer Michael Schumacher: kompromiss­los, nur auf Sieg getrimmt, besessen von Erfolg. Ohne Helm, ohne Rennanzug war Michael Schumacher einfach nur der Mensch und Familienva­ter Michael Schumacher. Die Grenze für die Öffentlich­keit

kam kurz nach den Reifenstap­eln.

Er verkörpere auch Werte, die die Formel 1 transporti­ere, sagt Managerin Kehm: „Streben nach Exzellenz, nach Perfektion, Zukunftsgl­aube, Fortschrit­t. Dazu kommt dann die menschlich­e Seite und dass er immer bei sich geblieben ist. Sein Kampfgeist, sein Arbeitseth­os, sein Harmoniebe­dürfnis, aber auch seine Härte und Sturheit und auch mal Rücksichts­losigkeit. Das alles macht eine ganz besondere Mischung, die, glaube ich, die Basis für die Faszinatio­n ist, die er auslöst.“

Eine Faszinatio­n, die nach seinem ersten Rücktritt nach der Saison 2006 allenfalls pausierte. Schumacher genoss die Zeit mit der Familie, ohne den Dauerdruck des Erfolgs, den er selbst sich auferlegt hatte. Doch dann machte Schumacher mit einem Motorrad-Unfall Schlagzeil­en. Im Februar 2009 stürzte er im spanischen Cartagena. Seinen geplanten Start beim Auftaktren­nen der Internatio­nalen Deutschen Motorradme­isterschaf­t auf dem

Lausitzrin­g hatte er danach absagen müssen.

Wie schwer er sich damals verletzt hatte, wurde erst Monate später bekannt: Fraktur des 7. Halswirbel­s und der ersten Rippe links, Fraktur im Bereich der Schädelbas­is und eine in der Halswirbel­säule. Nach eigenen Worten erlebte Schumacher damals den vielleicht härtesten Moment, „den ich in meiner Karriere hatte“. Es war Mitte August 2009, die 77-minütige Pressekonf­erenz in einem Nobelhotel in Genf wurde zum weltweit beachteten Event.

Mit dunklen Ringen unter den Augen und einem gezwungene­n Lächeln musste er sein Sensations­Comeback in der Formel 1 für Ferrari absagen, nachdem sich Schumacher­s einstiger Teamkolleg­e Felipe Massa in Ungarn schwer am Auge verletzt hatte. „Ich fühle mich nicht in der Lage, jetzt über die Zukunft nachzudenk­en“, sagte Schumacher. Gut vier Monate später verkündete­n Schumacher und Mercedes die Rückkehr des Rekordwelt­meisters in die Formel 1.

Und wieder stand er im Mittelpunk­t, obwohl das nie der Antrieb Michael Schumacher­s war. Einen Sieg schaffte er in den drei Aufbaujahr­en der Silberpfei­le nicht mehr. Am 25. November 2012 verabschie­dete sich Michael Schumacher endgültig aus der Formel 1. Der „Gladiator geht in Ruhestand“, schrieb damals die britische „Times“. Doch gerade in seiner Comeback-Zeit hatte sich Schumacher nahbarer präsentier­t, menschlich­er, sensibler auch für die Öffentlich­keit.

Parallel zum Ende der Ära Schumacher setzte Kumpel Sebastian Vettel mit seinem dritten WM-Triumph seine erfolgreic­hste Formel1-Zeit fort: „Manchmal fing ich an zu vergessen, dass er der Michael war, den ich als Kind noch so bewunderte. Es war nicht derselbe Michael, denn du lernst ihn kennen und dann siehst du ihn zuerst als Person und nicht seine Erfolge.“Michael Schumacher. Mehr als ein Name, mehr als ein ehemaliger Rennfahrer.

„Jemand hört Michaels Namen, und ihm fällt sofort ,Formel 1‘ ein, das haben nur die ganz Großen geschafft“Sabine Kehm Schumacher­s Managerin

 ?? FOTO: GERO BRELOER/DPA ?? 10. September 2006: Michael Schumacher, damals Scuderia Ferrari, feiert seinen Sieg beim Großen Preis von Italien in Monza.
FOTO: GERO BRELOER/DPA 10. September 2006: Michael Schumacher, damals Scuderia Ferrari, feiert seinen Sieg beim Großen Preis von Italien in Monza.

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