Zweiter Advent
Die Wegberger Autorengruppe Siebenschreiber schenkt unseren Lesern sieben Erzählungen, so wie diese von Peter C. Schmidt.
Heute ist der zweite Advent. Ich schreibe eine neue Geschichte zum Advent. Eine schöne Geschichte, voller Herzlichkeit, Harmonie und Wärme. Eine Geschichte von Freundschaft und Frieden. Alles ohne Mord und Totschlag.
Am Adventskranz leuchten zwei Kerzen und spenden ihr warmes Licht. Was fehlt? Die Zimtsterne und die Spekulatius liegen neben meiner Teetasse. Draußen ist‘s dunkel. Überall Ruhe und Frieden.
Der Rum im Tee ist ein Gedicht. Ein Gedicht will ich nicht machen.
Meine Schreibgruppe hat verabredet, dass wir uns einen Charakter ausdenken, ihn ausformen und zum Leben erwecken. Die Figur wird eine Anzeige in der Zeitung sehen, die ihr Leben verändert; spannend und kurzweilig.
Ich beginne jetzt. Er ist ein guter Koch, aber nicht zuverlässig. Er hat Probleme oder wird sie bald haben.Und die Anzeige, die er sich anschaut?
Ein japanisches Damaststahlmesser mit 64 Lagen. Der Mann bekommt feuchte Augen. Knapp 2000 Euro soll das Messer kosten.
Die hat er nicht, aber er würde sie sich besorgen. Wahrscheinlich mit einem anderen Messer.
Ich gleite wieder in einen Krimi ab, das geht im Advent nicht. Meine Tasse ist leer.
Da fällt mir ein, heute darf man Rotwein vor 18 Uhr probieren. Das Schreiben muss einen Augenblick warten.
Im Keller ist der Rotwein zu kalt. Ich hole einen Portugieser aus der Diele. Der Portugieser hat eine interessante Nase, ist voluminös und im Abgang überraschend, hatte der Winzer gesagt. Ich sage: „Er schmeckt.“
Wie fange ich an? Wie gesagt, friedfertig, freundlich und mit Wärme. Ich hole Holz, knülle Papier und lege es in den Kamin. Das Holz ist trocken, und als ich das Papier anzünde, brennen die Scheite sofort.
Ich könnte die Ampel in die Geschichte einbauen. Da gab es auch Zeiten des Wartens, auf den Koalitionsvertrag, auf die Zustimmung der Parteibasis und auf die neue Regierung.
Das trifft aber wohl nicht das Interesse meiner Leser.
Noch ein Gläschen Rotwein. In so einer Flasche ist wirklich nichts drin. Ich habe klugerweise zwei Flaschen geholt. Es geht nichts über eine gute Vorbereitung!