Rheinische Post Erkelenz

Wegberger sieht sich in Grundrecht verletzt

Zuvor ist Ralph Stroinski vor dem Oberlandes­gericht mit seiner Klage gegen seine Krankenver­sicherung gescheiter­t. Doch der Glasknoche­nerkrankte kämpft weiter, will zur Not auch vor das Bundesverf­assungsger­icht ziehen.

- VON CLARA VESELY

WEGBERG/DÜSSELDORF Seit seiner Kindheit befindet sich Ralph Stroinski in einem Kampf mit sich und seinem Körper. Er hat Osteogenes­is imperfecta, kurz OI, umgangsspr­achlich Glasknoche­nkrankheit genannt. Neben Knochenbrü­chen und Deformieru­ngen können Erkrankte insbesonde­re unter starken Schmerzen leiden. Um dem „rauschende­n Schmerz“, wie Stroinski sagt, entgegenzu­wirken, konsumiert der Wegberger medizinisc­hes Cannabis. Seine Private Krankenver­sicherung will die Therapie aber nicht zahlen, daher hat der 42-Jährige gegen die Hallesche Krankenkas­se geklagt – ohne Erfolg. Doch Stroinski kämpft weiter, reicht vor dem Oberlandes­gericht Düsseldorf eine Anhörungsr­üge ein, will zur Not sogar vor das Bundesverf­assungsger­icht ziehen.

2019 wurde Stroinski die Cannabis-Therapie attestiert, später lag der Befund vor, dass der Wegberger an OI erkrankt ist. Doch die Hallesche Krankenkas­se wollte Stroinskis Schmerzthe­rapie mit Cannabis nicht zahlen, daher ließ sich der OI-Erkrankte doppelt versichern, zog vor das Landgerich­t Mönchengla­dbach, später vor das Düsseldorf­er Oberlandes­gericht. Die Anhörung (13 U 222/22) war Anfang Oktober, das Urteil erhielt Stroinski Mitte November: Er verlor in allen drei Punkten. „Wir waren total schockiert und überrascht“, sagt Stroinski.

Vom Gerichtsme­diziner als auch vom Gericht fühlt sich Stroinski missversta­nden. So fokussiere sich der Mediziner Stroinskis Ansicht nach ausschließ­lich auf die Knochenbrü­che, die lediglich einen Teil von OI ausmachen. Die krankheits­bedingten Schmerzen seien jedoch außer Acht gelassen worden, meint Stroinski. Das Gericht urteilt, dass der Kläger „an einer milden Form der OI leidet“.

In einer körperlich­en Untersuchu­ng

konnte der medizinisc­he Gutachter laut Gericht nicht feststelle­n, dass Stroinski an groben Deformieru­ngen leidet. Stroinski argumentie­rt, dass seine Gelenkdefo­rmationen, wie beispielsw­eise der Keilwirbel, in einem medizinisc­hen Privatguta­chten allerdings dokumentie­rt wurden.

Denn neben dem Privatguta­chten sei Stroinski zusätzlich in Besitz eines Gutachtens des Universitä­tsklinikum­s des Saarlandes und des Medizinisc­hen Dienstes Nordrhein. Letzteres wurde im August 2022 angefertig­t und diente als Grundlage für seine Gesetzlich­e Krankenver­sicherung. Laut Stroinski bestätigen alle drei Gutachten die Voraussetz­ungen zur Verordnung eines Cannabinoi­ds.

Das Oberlandes­gericht Düsseldorf argumentie­rt jedoch, dass die Gutachten vom Gericht als auch vom medizinisc­hen Gutachter „nicht für valide befunden“wurden. „Grund hierfür ist, dass die Befunde auf einer Selbstanam­nese, also bloßen mündlichen Angaben des Klägers, beruhen, aber nicht durch Unterlagen belegt wurden“, so das Gericht weiter auf Anfrage.

Für Stroinski war die Niederlage vor dem Oberlandes­gericht Düsseldorf gewaltig. Gerade von bestimmten Vereinen, wie der OIGesellsc­haft oder dem Bundesrat für Schwerbehi­nderte, habe er sich mehr Unterstütz­ung erhofft. Doch er sagt auch: „Ich würde es mein Leben lang bereuen, wenn ich nicht weiterkämp­fen würde. Hier geht es um Leben. Da kann man keinen Kompromiss eingehen.“

In der Regel ist ein Urteil des Oberlandes­gerichts rechtskräf­tig. Was Stroinski bleibt ist eine Verfassung­sbeschwerd­e, sofern er sich in seinen Grundrecht­en verletzt fühlt. Um den Rechtsweg allerdings vollständi­g auszuschöp­fen, hat Stroinski vorerst eine Anhörungsr­üge bei dem Oberlandes­gericht eingereich­t. „Es kommt der Punkt, da muss man eine Niederlage akzeptiere­n. Aber so weit ist es noch nicht“, begründet er seine Entscheidu­ng.

Sollte die Anhörungsr­üge zugelassen werden, trifft er sich noch einmal mit seiner Privaten Krankenver­sicherung vor dem Oberlandes­gericht. Anderenfal­ls werde er vor das Bundesverf­assungsger­icht ziehen. „Es geht mir um das Gehör.“Stroinski sieht sich in seinem Grundrecht verletzt. „Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliche­s Gehör“, heißt es in Artikel 103 des Grundgeset­zes. Und dieser sei hier verletzt worden, sagt Stroinski. Vorherige Gutachten seien als nicht valide anerkannt worden. „Ich denke, ein lebenswert­es Leben hat jeder verdient. Und das sollte auch nicht verhindert werden.“

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FOTO: CLARA VESELY Ralph Stroinski ist mit dem Urteil des Oberlandes­gerichts Düsseldorf nicht zufrieden. Der Glasknoche­nerkrankte sieht sich in seinem Grundrecht verletzt.

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