Rheinische Post Erkelenz

Eine trauernde Frau will Rache

Der Krimi „Tatort: Avatar“stellt die Ludwigshaf­ener Ermittleri­nnen vor ein großes Rätsel.

- Tatort: Avatar,

(ry) Der 13. gemeinsame Fall der Ludwigshaf­ener Kommissari­nnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter) ist trotz des futuristis­ch klingenden Titels ganz bodenständ­ig und in der traurigen Wirklichke­it angesiedel­t: In „Avatar“wird ein Unbekannte­r tot am Rheinufer aufgefunde­n. Er erlitt einen Herzinfark­t. Allerdings war er nicht alleine zum Zeitpunkt seines Todes – jemand hat ihm zuvor Pfefferspr­ay ins Gesicht gesprüht. Der Hintergrun­d der Tat bleibt zunächst unklar. Ein normaler Raubüberfa­ll war es offenbar nicht. Den Ermittleri­nnen Odenthal und Stern fällt eine geheimnisv­olle Zeugin auf: Julia da Borg (Bernadette Heerwagen), eine Frau Mitte 40. Alles deutet darauf hin, dass sie den Mann gesehen oder sogar gezielt bei einer Verabredun­g getroffen hat. Die beiden Ludwigshaf­ener Kommissari­nnen decken nach und nach Schicht für Schicht die Tragödie in Julias Leben auf: Es geht um ihre Ziehtochte­r, die junge Sina (Ziva Marie Faske), die unlängst selbst Opfer eines Verbrechen­s wurde, im World Wide Web, das viel verheißt und verspricht und gnadenlos zuschlägt, wenn eine junge Teenagerin ihm alles anvertraut, was sie besitzt – ihr Vertrauen, ihre Unschuld, ihre Hoffnung. Odenthal und Stern sind sich irgendwann sicher: Julia ist auf der Suche nach demjenigen, der für Sinas Tod verantwort­lich ist. Und sie schreckt nicht davor zurück, weiterzuma­chen und eine Spur des Todes hinter sich herzuziehe­n, solange sie ihn nicht gefunden hat. Sie ist der Avatar, der Stellvertr­eter, der für Sina den Täter sucht, der das Leben des unschuldig­en Mädchens auf dem Gewissen hat.

Der Krimi verarbeite­t auf fiktive Weise die Verbrechen, die tagtäglich verübt werden und sich unsichtbar im Internet abspielen. Regisseur Miguel Alexandre sagt im Interview über die Gefahren der heutigen Zeit: „Wir leben in einer digitalisi­erten Welt, in der sich Menschen in einem virtuellen Raum verlieren und menschlich­e Bindungen sich aufzulösen drohen. Manipulati­on im Internet und Künstliche Intelligen­z befinden sich auf dem Vormarsch und lassen die Grenze zwischen Lüge und Wahrheit verschwimm­en. Von dieser Gefahr handelt unser ,Tatort‘. Eine Gefahr, die katastroph­ale Auswirkung­en haben kann und vor der man warnen muss. Unser

Anliegen war es, emotional und packend zu erzählen; eine Bildsprach­e zu finden, die expressiv ist und die Innenwelt der Figuren spürbar werden lässt. Lena Odenthal und Johanna Stern gehen mit hoher Konzentrat­ion und menschlich­em Gespür an die Arbeit. Die Arbeit mit Ulrike Folkerts und Lisa Bitter war von dem gemeinsame­n Anliegen geprägt, diese fesselnde und düstere Geschichte mit Wärme und Empathie zu erzählen.“Drehbuchau­tor Harald Göckeritz ergänzt: „Dass Menschen via Handy heutzutage nahezu punktgenau zu orten sind – und immer erreichbar – ist manchmal schwierig und lästig für einen Autor, kann aber auch Vorteile haben. Die positiven Auswirkung­en, die Möglichkei­ten, die sich durch das Internet, KI u. ä. ergeben, sind in meinen Augen weit größer als die negativen Auswirkung­en.“Obwohl sich große Teile des „Tatorts“im Digitalen abspielen, sind die Charaktere, die darin leiden, (filmisch) echt. Ein ganz realer Abschied sei an dieser Stelle noch verraten: Annalena Schmidt und Peter Espeloer sind bei diesem Fall zum letzten Mal als Ermittleri­n Keller bzw. Spurensich­erer Becker dabei. Ulrich Herrman, Redaktions­leiter des „Tatorts“, sagt zum Abschied: „Sie haben dem ,Tatort‘ aus Ludwigshaf­en ihren Stempel aufgedrück­t, aber einen sehr schönen und bunten. Dafür danken wir den beiden schillernd­en Urgesteine­n, wir alle, die sie hinter der Kamera begleiten durften.“

20.15 Uhr, ARD

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