Warum das „Kadir“in Erkelenz schon wieder geschlossen ist
(DG) Als er vor einigen Wochen die Rollläden herunter ließ und zum letzten Mal die Ladentür hinter sich abschloss, wusste er, dass es nicht einfach nur das Ende des „Kadir“war. Abdulkadir Karadöl begrub an diesem Tag seine Idee von einer orientalischen Baguetterie, die viel mehr sein sollte als ein Ladengeschäft mit köstlichen Speisen aus der türkischen Küche.
Der junge Familienvater und seine Ehefrau Büsra hatten sich vor ziemlich genau einem Jahr das Ziel gesetzt, ihre eigene Kultur zu präsentieren. Wo vorher trendige Teigkringel bei der Franchise-Kette „Royal Donuts“über die Ladentheke gingen, bis der Trend nicht mehr genug Profit abwarf, hatte der 27-Jährige das passende Ladenlokal gefunden – in direkter Nähe zum Erkelenzer Bahnhof an der Ecke Konrad-Adenauer-Platz/Anton-RakyAllee. Hier wollte der gelernte Elektriker, der für seinen Traum von der Selbstständigkeit seine Anstellung aufgab, für einen Hauch von Orient sorgen. Türkische Toasts mit Käse und würziger Knoblauchwurst, die Sucuk heißt, das Rührei-Gericht Menemen mit Tomaten, Paprika und Zwiebeln sowie Sesamringe standen auf der abwechslungsreichen Speisekarte.
Bürgermeister Stephan Muckel kam zur Eröffnung, die Mitarbeiter des Geldinstituts nebenan bestellten für ihre Mittagspausen. „Irgendwann blieben sie plötzlich weg. Ich habe sie dann mit Tüten vom Bäcker gesehen“, erzählt Abdulkadir Karadöl enttäuscht. „Sie fanden das Essen mit rund sieben Euro wohl zu teuer.“Das hätten wohl auch viele andere Erkelenzer so empfunden. Die Kasse klingelte nur noch selten im Kadir, dessen Name auf den zweiten Teil des Vornamens des Inhabers zurückgeht. Karadöl, der sich als Hobbykoch bezeichnet und sämtliche Zubereitungsarten selbst austüftelte, blieb schließlich nichts anderes übrig, als die Reißleine zu ziehen. Obwohl der Mietvertrag noch zwei Jahre läuft.
In der Erka-Stadt gebe es keine große türkische Community, die das kleine Restaurant regelmäßig frequentieren und auf diese Weise für Einnahmen sorgen würde, sagt er. Mitarbeiter des Erkelenzer
Standesamtes zählten zu seinen begeisterten Kunden, auch für eine Bauprojekt-Vorstellung im Alten Rathaus wurde er erst neulich von der Stadtverwaltung mit dem kompletten Catering beauftragt. Trotzdem reichte es nicht, um das Kadir weiter zu betreiben. Die türkisfarbenen Polstermöbel hat Karadöl inzwischen verkauft. Theke, Regale, Tische, Lampen und der Induktionsherd mit Aktivkohlefilter warten noch auf ihre Abnehmer. Abdulkadir Karadöl wartet auf einen Nachmieter, der sich für das zentral gelegene Ladengeschäft am Bahnhof interessiert und es ihm ermöglichen würde, aus dem Mietvertrag auszusteigen. Und: Der gescheiterte Gastronom ist auf der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle als Elektriker.