Gregorianische Klänge kombiniert mit Pop
Mit viel Applaus bedankte sich das Publikum bei den Gregorian Voices für ein außergewöhnliches Event.
Der Brückenschlag zwischen historischer Kirchenmusik und modernen Klängen ist ihr erklärtes Ziel. Seit dem Ausbruch des russischen Angriffskriegs in ihrer ukrainischen Heimat sind sie nicht mehr zu Hause gewesen – weil sie befürchten, sofort zur Armee eingezogen zu werden. Ihre Ehefrauen besuchten die Mitglieder des Ensembles Gregorian Voices seitdem einige Male in Deutschland. Ihre einzige Chance: aufzutreten, um den Lebensunterhalt sicherzustellen. Das funktioniert mal besser, mal schlechter. In der voll besetzten Pfarrkirche St. Peter und Paul zeigten sich die ausgebildeten Sänger sehr zufrieden mit der Besucherresonanz. „Vor ein paar Tagen sind wir noch im Kölner Raum vor gerade mal 80 Leuten aufgetreten. Das hat sich leider nicht gelohnt“, verriet der Tourneeleiter.
In braunen Mönchskutten zogen die acht Männer durch das abgedunkelte Kirchenschiff nach vorn, wo der Altarbereich in rotes Licht getaucht war. Knapp eineinhalb Stunden lang präsentierte das Vokal-Oktett sein breit gefächertes
Repertoire, das die Tradition der gregorianischen Choräle aus dem Frühmittelalter ebenso aufgreift wie zeitgenössische Pop-Balladen und das Ave Maria. Weil sie Repräsentanten des orthodoxen Liedguts sind, wurde den Profi-Sängern unter der Leitung von Oleksiy Semenchuk schon vor vielen Jahren eine ganz besondere Ehre zuteil: Sie sind berechtigt, bei ihren Auftritten die braunen Mönchsgewänder zu tragen – eine hohe Auszeichnung, da eigentlich nur die Mönche selbst ihre typische Kapuzen-Kleidung tragen.
Die zahlreichen Zuhörer im ausverkauften Wegberger Gotteshaus zeigten sich beeindruckt von dem stimmgewaltigen, professionellen
Gesangsvortrag, der sich durch einstimmig vorgetragene Lieder ohne musikalische Begleitung in lateinischer Sprache auszeichnet. Bereits seit 2011 nehmen The Gregorian Voices ihr Publikum mit auf eine ungewöhnliche Reise, treten dabei das anspruchsvolle Erbe des einstigen Männerchors Gloria Dei an. Klassisch-gregorianische Choräle, die auf den um das Jahr 600 verstorbenen Papst Gregor zurückgehen, orthodoxe Kirchengesänge, Lieder und Madrigalen der Renaissance und des Barock sowie Frank Sinatras unvergessener Evergreen „My way“wechseln sich dabei ab.
Dabei stellten die acht Solisten eindrucksvoll unter Beweis, dass gregorianische Klänge auch heute noch lebendig sind. Das begeisterte Publikum in der Mühlenstadt sparte nicht mit Applaus, um sich bei der ukrainischen Gesangsgruppe, die aus Lwiw stammt und bereits kurz nach Kriegsausbruch in der Wegberger Kirche gastierte, für die außergewöhnliche Darbietung zu bedanken. Von der großen Anspannung, die zurzeit auf den professionellen Künstlern lastet, ließen sie sich bei ihrem Konzert indes nichts anmerken.