In zehn Minuten zum Ausbildungsplatz?
24 Betriebe und Unternehmen haben sich in der Realschule in Ratheim den Jugendlichen präsentiert. Über die Bedeutung und die Vorteile des Speed-Datings.
Ein kurzer Blick auf die Uhr, dann greift Michaela Gänsler zu der kleinen Glocke vor sich und läutet diese. Die Gespräche, die zu diesem Zeitpunkt an den 24 Tischen vor, neben und hinter ihr stattfinden, kommen abrupt zum Erliegen. Während die Erwachsenen auf der einen Seite des Tisches sitzen bleiben und sich gedanklich schon auf das nächste Gespräch einstellen, stehen die Jugendlichen auf der anderen Seite des Tisches auf und gehen in Richtung eines anderen Tisches. Ein munteres Wechselspiel beginnt. Nach zwei Minuten läutet die Lehrerin die Glocke erneut – und die nächsten zehn Minuten Gespräch starten.
An diesem Donnerstagvormittag haben die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen acht, neun und zehn der Realschule in Ratheim die Möglichkeit, im Rahmen eines Berufe-Speed-Datings mit zahlreichen Unternehmen und Betrieben aus der Region in Kontakt zu kommen und bestenfalls sogar den Grundstein für einen Ausbildungsplatz zu legen. Wie Michaela Gänsler erklärt, habe die Realschule Ratheim in ihrem Schulkonzept die Berufswahlorientierung als einen von drei Schwerpunkten verankert. Das bedeute, dass die Jugendlichen intensiv gefördert werden und auf der anderen Seite so die Betriebe Praktikanten
und Auszubildende finden.
Daher findet diese spezielle Form der Jobbörse in der Realschule schon zum fünften Mal statt. 24 Betriebe habe sie als Projektkoordinatorin angeschrieben und eingeladen, berichtet Michaela Gänsler. Dass tatsächlich auch alle 24 Unternehmen gekommen sind und sich den Fragen der Schülerinnen und Schüler stellen, werte sie als ein sehr positives Zeichen. Gekommen sind Betriebe aus ganz unterschiedlichen Branchen. Viel los ist beispielsweise am Stand der Polizei und an dem des Hauptzollamtes. „Die waren im Vorfeld sehr gefragt“, bestätigt die Lehrerin. In der Vorbereitung auf diesen Tag sollten sich die Jugendlichen
einige Fragen überlegen, die sie den potenziellen Arbeitgebern stellen wollen. Auch einen Lebenslauf sollten sie vorbereiten.
Zu Beginn des Tages sei die Scheu bei den Jugendlichen noch groß gewesen, im Laufe des Vormittags habe die jedoch immer weiter abgenommen. Das macht sich insofern bemerkbar, als dass einige der Schüler die Gunst der Stunde nutzen, an einem Tisch das Gespräch zu suchen, wo zu dem Zeitpunkt kein im Vorfeld ausgemachtes „Speed-Date“stattfindet. Das Ankommen, Hinsetzen und miteinander Reden sei ein wichtiger Baustein dieses Konzeptes. „Wir haben bewusst diese Lösung gewählt, dass die Gespräche
im Sitzen und somit auf Augenhöhe stattfinden“, erklärt die Lehrerin. Die Wichtigkeit betonen auch die Jugendlichen selbst. Die Zehntklässler, die an dem Speed-Dating ebenfalls teilnehmen, erklären allerdings, dass es für sie nicht mehr die ganz große Relevanz habe, da die meisten von ihnen bereits wissen, wo und wie es für sie ab dem Sommer weitergeht. Für die Acht- und Neuntklässler hingegen sei das eine gute Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und Ansprechpartner zu finden.
Für die Betriebe sind solche Jobmessen ebenfalls wichtig, wie die Vertreter an mehreren Ständen bestätigen. Schließlich suchen bislang knapp 3500 Azubis in der Region
erfolglos nach einer Ausbildungsstelle, gleichzeitig gibt es in der Region mehr als 3200 unbesetzte Azubi-Stellen. Das geht aus Zahlen hervor, die Arbeitsagentur, Handwerkskammer und Industrie- und Handelskammer vor wenigen Tagen für die Region Aachen-Düren (inklusive Kreis Heinsberg) vorgelegt haben.
„Wir sind händeringend auf der Suche nach Auszubildenden“, betont Guido Bigalke von Westverkehr. Bis jetzt habe es immer irgendwie geklappt, doch die Zahl der Bewerbungen werden immer weniger. „In den zehn Minuten hier können wir die Wünsche und Interessen der Jugendlichen abklopfen“, ergänzt Bigalke. So wisse man schnell, was für die Jugendlichen das Passende sein könnte.
Martina Korthaus von Semco aus Wassenberg sagt: „Auf Veranstaltungen wie dieser können wir den Jugendlichen zeigen, dass es auch im Kreis Heinsberg viele Möglichkeiten gibt.“Es sei wichtig, Perspektiven aufzuzeigen.