Die Tanzstunde: Kurzweiliger Schlagabtausch mit Tiefgang
Berlins Theaterchef Martin Woelffer schickte sein wohl feinsinnigstes Stück nach Erkelenz – und sorgte in der gut gefüllten Stadthalle für eine Tanzstunde der ganz besonderen Art, als mit dem gleichnamigen Zwei-Personen-Stück der renommierten Komödie am Kurfürstendamm, bei dem er selbst Regie geführt hatte, zwei Darsteller aus der Hauptstadt das begeisterte Publikum für rund zweieinhalb Stunden in ihren Bann zogen.
Und wer genau hinschaute, erkannte neben Schauspielerin Nadine Schori den ehemaligen Tatortund Comedy-Darsteller Ingo Naujoks. Der 62-Jährige, der aus dem Ruhrgebiet stammt und mittlerweile in der Spreemetropole zu Hause ist, mimte den eigensinnigen Ever Montgomery, der für eine bevorstehende feierliche Preisverleihung dringend tanzen lernen muss. Eigentlich kein großes Problem. Aber: Der begabte Wissenschaftler verabscheut jeglichen Körperkontakt, denn er leidet an einer besonderen Autismus-Form – dem Asperger-Syndrom. Montgomery spricht seine Nachbarin Senga Quinn an, bietet ihr 2153 Dollar für eine einzige Übungsstunde, was diese zunächst fälschlicherweise als unmoralisches Angebot versteht.
Mark St. Germains Komödie „Die Tanzstunde“erzählt die berührende Geschichte des ungleichen
Paares, das sich im Lauf der Zeit immer näher kommt. Nach einem schweren Unfall ist es fraglich, ob Senga Quinn (die Buchstaben des eigentlich für sie vorgesehenen Vornamens Agnes wurden in ihrer Geburtsurkunde durcheinandergebracht) jemals wieder als Tänzerin und Musicaldarstellerin arbeiten kann. Wissenschaftler Montgomery lebt vereinsamt und hat noch nie ein Musical angesehen – zu viele fremde Menschen, zu groß die Angst vor einem eventuellen Körperkontakt. Stimmungslagen und Gefühle richtig einzuschätzen, liegt dem einsamen Mann auch nicht. „Habe ich Sie beim Selbstmord unterbrochen? Ich kann gern später noch einmal vorbeikommen“, merkt er trocken und ohne jegliches Mitgefühl an, als
er seine Nachbarin zum ersten Mal in ihrem Apartment aufsucht. Den vorgegebenen Takt kann das seltsame Duo nur selten halten, erfährt aber bei den Tanzstunden vieles über den anderen und sich selbst.
Er freue sich darüber, dass das Theaterangebot gut angenommen werde, bekräftigte der Erkelenzer Kulturmanager und „StadthallenHausherr“Sascha Dücker, als er die zahlreichen Zuschauer von der Bühne aus begrüßte. Das Publikum sei den Veranstaltungen treu. Bereits 2021 habe man die Inszenierung eingekauft. Mit kräftigem Applaus dankte das Erkelenzer Publikum den weit gereisten Theaterdarstellern Ingo Naujoks und Nadine Schori für den unterhaltsamen Abend in der Stadthalle.