Rheinische Post Erkelenz

Steuer für Windeln soll sinken

Der Vorstoß kommt von der Union. SPD und Familienve­rband freut’s.

- VON HAGEN STRAUSS

Das deutsche Mehrwertst­euersystem ist sozusagen ein Kuriosität­enkabinett. Wer in der Mittagspau­se sein Essen im Restaurant nur abholt, zahlt sieben Prozent Mehrwertst­euer. Bleibt man da, fallen 19 Prozent an. Auf einen Apfel werden sieben fällig, auf Apfelsaft aber 19 Prozent. Trüffel sind steuerlich begünstigt, Windeln nicht. Bei Letzteren soll sich nun etwas ändern. Die Union hat die Windel-Steuer für sich entdeckt. Für den CDU-Parteitag Anfang Mai in Berlin gibt es einen Windel-Antrag zur Senkung der Mehrwertst­euer. Am Wochenende tagte die Antragskom­mission der Union, dem Vernehmen nach einigte man sich auf eine Empfehlung an die Delegierte­n, das

Vorhaben an Generalsek­retär Carsten Linnemann für den Regierungs­programmpr­ozess zu überweisen.

In dem Antrag des Kreisverba­nds Helmstedt, der unserer Redaktion vorliegt, heißt es, der Umsatzsteu­ersatz auf „Erzeugniss­e der Monatshygi­ene“sei bereits gesenkt worden, nicht aber der auf Windeln. In der Praxis, so die CDU, werde derselbe Zweck erfüllt. „Sie sorgen dafür, dass im Falle des Falles die Angelegenh­eit nicht in die Hose geht“– so steht es tatsächlic­h in der Begründung. Ein ermäßigter Steuersatz für Windeln „würde gerade auch junge und einkommens­schwache Familien entlasten“. In der Tat ist es so, dass seit dem Jahr 2020 auf Periodenpr­odukte nur noch der reduzierte Mehrwertst­euersatz gezahlt werden muss.

Was die Windeln angeht, rennt die Union beim Deutschen Familienve­rband offene Türen ein. „Das ist notwendig, weil Artikel wie Babywindel­n, Kinderwage­n oder Kinderschu­he kein Luxus sind, sondern zum Grundbedar­f von Familien gehören“, sagte Geschäftsf­ührer Sebastian Heimann. Auch bei der Regierungs­partei SPD trifft der Vorstoß auf Zustimmung. „Babywindel­n mit dem reduzierte­n Mehrwertst­euersatz zu besteuern, finde ich richtig – aber nicht ausreichen­d“, betont Nadine Heselhaus, Verbrauche­rexpertin der SPD-Bundestags­fraktion. Das Mehrwertst­euersystem müsse grundsätzl­ich reformiert werden. So müsse etwa die Ungleichbe­handlung von Kuhmilch und Milchersat­zgetränken endlich beendet werden.

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