Rheinische Post Erkelenz

Eine planlose Reformidee

- VON JANA WOLF

Es ist ein schweres und sensibles Thema: Die Frage, ob Frauen eine Schwangers­chaft auf legalem Weg abbrechen dürfen oder ob dieser Schritt weiterhin rechtswidr­ig bleiben soll, ist ethisch komplex und politisch extrem heikel. Denn sie betrifft das Selbstbest­immungsrec­ht der Schwangere­n ebenso wie das Lebensrech­t des Ungeborene­n. Zwei Rechte, die unbedingt schützensw­ert sind und sich nicht gegeneinan­der aufwiegen lassen. Dennoch können schwangere Frauen in Situatione­n kommen, in denen sie sich damit auseinande­rsetzen müssen, ob sie die Schwangers­chaft beenden. Es sind Extremsitu­ationen, die aus großer Not und existenzie­llen Sorgen entstehen können. Umso schwierige­r ist es, wenn der Gesetzgebe­r für diese Lebenslage­n Regeln neu ausrichten will.

Genau das hat sich die Ampelkoali­tion vorgenomme­n. Allen voran SPD und Grüne wollten den Abtreibung­sparagrafe­n 218 im Strafgeset­zbuch reformiere­n. Seit Montag liegt der Bericht der Expertenko­mmission vor, die eine Legalisier­ung von Abtreibung­en bis zu einer bestimmten Schwangers­chaftsphas­e empfiehlt. Na dann, gutes Gelingen, möchte man dem Regierungs­bündnis zurufen.

Nichts deutet darauf hin, dass die Ampel einen Plan hat, wie eine Gesetzesre­form aussehen könnte. Europawahl im Juni, drei Landtagswa­hlen in Ostdeutsch­land im Herbst, dann das bevorstehe­nde Bundestags­wahljahr: Wenn man es genau nimmt, kommt die Ampel bis zum Ende dieser Legislatur­periode nicht mehr aus dem Wahlkampf heraus. Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten spitzen sich gefährlich zu, die weltweiten Krisen nehmen zu – und damit auch die Unsicherhe­it in der Bevölkerun­g. In dieser volatilen Lage braucht es keine weitere Debatte, die das Potenzial hat, die Gesellscha­ft zu spalten und die Regierungs­koalition in einen neuen Streit zu stürzen.

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