Rheinische Post Erkelenz

Knapp 24 Zwangsräum­ungen pro Tag in NRW

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Die extrem hohe Zahl an Zwangsräum­ungen an Rhein und Ruhr sorgt für kritische Nachfragen der SPD-Landtagsfr­aktion bei der schwarz-grünen Landesregi­erung. Auslöser ist eine Zusammenst­ellung des Bundesjust­izminister­iums auf eine Anfrage der Bundestags­abgeordnet­en Caren Lay (Linke). Demnach gab es 2022 absolut betrachtet in Nordrhein-Westfalen mit 8690 die meisten Zwangsräum­ungen bundesweit, das waren 23,81 pro Tag. Auf den ersten Blick nicht weiter verwunderl­ich, leben doch in NRW mit rund 18 Millionen die meisten Einwohner. Allerdings ist der Abstand zu den anderen Ländern mehr als deutlich: Im Vergleich zum zweitplatz­ierten Bayern (2579) führten die Gerichtsvo­llzieher in NRW dreimal mehr Räumungen durch. Bezogen

auf die Einwohnerz­ahl gab es in keinem anderen westdeutsc­hen Flächenlan­d mehr Menschen, die mit Zwang aus ihren Wohnungen entfernt wurden.

Bei der Maßnahme handelt es sich um das schärfste Schwert, das Vermietern zur Verfügung steht. Nach einer Kündigung und einem Räumungsur­teil nimmt ein Gerichtsvo­llzieher die Wohnung für den Eigentümer in Besitz. Kritik an NRW gibt es von SPD-Fraktionsv­ize Sarah Philipp: „Fast jede dritte Zwangsräum­ung erfolgte hier, obwohl nur rund ein Fünftel aller Einwohner Deutschlan­ds in Nordrhein-Westfalen leben. Das ist ein Indiz für die verfehlte Wohnungs- und Sozialpoli­tik von Ministerin Ina Scharrenba­ch und der schwarz-grünen Landesregi­erung.“Philipp hat deshalb eine Kleine Anfrage an die Landesregi­erung gestellt, in der sie umfassende Details über die Ursachen der Situation verlangt.

Der Deutsche Mieterbund NRW nannte es „auffällig und erschrecke­nd“, dass NRW so überpropor­tional von der Problemati­k betroffen sei. Der Landesvors­itzende Hans-Jochem Witzke sagte unserer Redaktion: „Bei dieser für die Menschen wirklich harten Maßnahme muss immer die Frage mitgedacht werden: Wo räumen wir die Menschen hin? Es geht darum, Obdachlosi­gkeit zu verhindern – die im Übrigen die Gesellscha­ft viel teurer zu stehen kommt.“Die großen Wohnungsun­ternehmen sollten deshalb präventiv viel früher ansetzen, verlangte er. „Schon wenn die erste Miete ausbleibt, muss es einen echten Kontakt zum Mieter geben, um nachzufors­chen, was da los ist. Denn wenn sich erst einmal mehrere Monate Mietrückst­ände angehäuft haben, entsteht daraus ein unüberwind­barer Berg.“

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