Rheinische Post Erkelenz

Israel regt arabische Allianz an

Das Land erhielt beim Angriff des Iran zwar Hilfe auch von benachbart­en Staaten. Doch diese wollen vor allem die Eskalation stoppen und kein neues Bündnis.

- VON THOMAS SEIBERT

Israels Regierung will nach dem iranischen Angriff ein regionales Bündnis gegen Teheran schmieden, doch die arabischen Staaten sind skeptisch. Sie wollen vor allem einen neuen Krieg verhindern und sich nicht in die Konfrontat­ion zwischen Israel und dem Iran hineinzieh­en lassen. Dazu wollen sie Druck auf den Iran machen, aber auch Israel von einer übertriebe­n harten Reaktion auf den iranischen Angriff abhalten.

Arabische Staaten leiden wirtschaft­lich seit Ausbruch des Gaza-Krieges im Oktober unter dem Konflikt in der Region: Die Touristen bleiben weg, wichtige Handelsrou­ten wie die Schifffahr­tswege durch das Rote Meer und den Persischen Golf sind unsicher geworden. Ein Krieg zwischen dem Iran und Israel jedoch würde eine Katastroph­e für alle Nahost-Staaten bedeuten. Deshalb arbeiten die Araber daran, die Spannungen abzubauen.

Israels Verteidigu­ngsministe­r Yoav Gallant sagte, es gebe die Chance für eine „strategisc­he Allianz gegen die iranische Bedrohung“. Arabische Länder hätten Israel bei der Abwehr des iranischen Angriffs geholfen, erklärte Amos Yadlin, ein ehemaliger Direktor des israelisch­en Militärgeh­eimdienste­s. Die Araber wüssten, dass die Region gegen den Iran zusammenst­ehen müsse – „sonst sind sie als Nächste an der Reihe“, schrieb er bei X, vormals Twitter.

Jordanien entsandte Kampflugze­uge, die zusammen mit Jets aus Israel, den USA, Frankreich und

Großbritan­nien die iranischen Raketen und Drohnen auf ihrem Weg nach Israel abfingen. Jordanien Regierung bestätigte, dass iranische Drohnen abgeschoss­en worden seien, die den Luftraum des Landes durchquert hätten – sie will ihre Haltung aber nicht als Parteinahm­e für Israel verstanden wissen: Wenn israelisch­e Drohnen über Jordanien auftauchen sollten, würden auch diese abgeschoss­en, sagte Ministerpr­äsident Ayman Safadi.

Die arabische Führungsma­cht Saudi-Arabien rief die Konfliktpa­rteien zu „maximaler Zurückhalt­ung“auf, „um der Region und ihren Völkern die Gefahr eines Krieges zu ersparen“. Andere Staaten äußerten sich ähnlich. Arabische Spitzenpol­itiker sprachen nach dem iranischen Angriff darüber, wie die „Risiken der Eskalation“zu stoppen seien, wie saudische Staatsmedi­en nach einem Telefonat von Thronfolge­r Mohammed bin Salman mit dem irakischen Ministerpr­äsidenten Mohammed al-Sudani meldeten. Saudische und andere arabische Politiker telefonier­ten zudem mit iranischen Regierungs­vertretern.

Den arabischen Staaten gehe es weniger darum, Bündnisse mit Israel und den USA neu zu beleben, sagt Julien Barnes-Dacey, Leiter des Nahost-Programms bei der europäisch­en Denkfabrik ECFR. „Es geht eher darum, eine Eskalation in der ganzen Region mit vernichten­den Folgen für alle zu verhindern“, sagte Barnes-Dacey unserer Redaktion.

Arabische Regierunge­n dürften nach der iranisch-israelisch­en Eskalation froh sein, dass sie ihre Beziehunge­n zum Iran zuletzt verbessert und sich nicht auf ein enges Bündnis mit Israel festgelegt haben, meint Paul Salem, Leiter des Nahost-Instituts MEI in Washington. Israels Plan einer anti-iranischen Front hat deshalb wenig Chancen auf Erfolg. Arabische Staaten werden zwar mit Israel im Gespräch bleiben. Nahost-Experte Barnes-Dacey erwartet aber, dass die Araber auch weiterhin mit Teheran reden werden. Katar und Oman fungierten bereits bisher als Vermittler zwischen dem Iran und dem Westen. Katar versucht zusammen mit Ägypten, Israel und die Hamas zu einer Waffenruhe in Gaza zu bewegen. Die arabischen Staaten dürften ihre Bemühungen um eine Feuerpause in Gaza nach dem iranischen Angriff auf Israel intensivie­ren, schrieb Salem in seinem Blog „Thinking Middle East“: Eine Waffenruhe in Gaza könne zur Deeskalati­on zwischen dem Iran und Israel beitragen.

 ?? FOTO: ATTA KENARE/AFP ?? Der Iran inszeniert sich auf Werbeplaka­ten, hier in Teheran, als Militärmac­ht.
FOTO: ATTA KENARE/AFP Der Iran inszeniert sich auf Werbeplaka­ten, hier in Teheran, als Militärmac­ht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany