Rheinische Post Erkelenz

Jósef setzt bei Voltigiere­rn neue Akzente

Beim Reit- und Fahrverein Erkelenz steht das Voltigiere­n schon lange hoch im Kurs. Doch eine neues „Pferd“setzt ganz neue Maßstäbe. Was nun alles möglich ist.

- VON LIA JÖRISSEN

Ein Pferd, dass nicht gefüttert werden muss, nie krank wird, keinen Hufschmied braucht, aber dabei trotzdem wunderbare Galoppsprü­nge macht und immer brav mitarbeite­t? Was sich nach dem Traum eines jeden Pferdespor­tlers anhört, ist nun tatsächlic­h Realität geworden. Abgesehen von seinem fünfstelli­gen Kaufpreis, der bei einer solch exzellente­n Abstammung aber auch mehr als angemessen ist, ist sein Unterhalt wirklich günstig. Statt einer Weide braucht es nur einen trockenen Platz zum Stehen, und es ist kein Problem, wenn man es mal ein paar Tage lang nicht zum Stall schafft und es nicht bewegt wird.

Was ist das also für ein Wunderpfer­d? Nun, neben Totilas, dem Einhorn, dem Zentauren und dem Pegasus gibt es nun einen neuen Star am Pferdehimm­el – das Movie. Zugegeben, es hat einen Stromansch­luss und ist aus Holz, tritt aber trotzdem bei Turnieren an und bietet dabei im Vergleich zu seinem Vorbild aus Fleisch und Blut viele Vorteile. So kam es, dass der Reit- und Fahrverein Erkelenz sich eines zulegte, mit dem er am vergangene­n Wochenende am Voltigiert­urnier auf Haus Hohenbusch teilnahm. Denn das Movie ist insbesonde­re zum Voltigiere­n gedacht, es ist breiter und tiefer als die dafür üblichen Pferde und ermöglicht es den Voltigiere­nden so, sich während ihres Auftritts besonders sicher zu fühlen. Dabei sind seine Bewegungsa­bläufe denen das Originals sehr nahe, ganz ohne zu buckeln oder zu treten (es hat keine Beine). Das Ziel dabei ist vor allem, die Akrobaten auf seinem Rücken zu fördern und gleichzeit­ig die Pferde zu entlasten. Schließlic­h hat Mr. Earl Grey, der weder Tee noch aus Holz ist, sondern ein rheinländi­sches

Warmblut und das eigentlich­e Pferd der Gruppe, zur Zeit Asthma und kann nicht am Turnier teilnehmen.

Umso besser also, dass es Jósef gibt, so heißt das Movie des Vereins. Es wurde nach Josef Küppers, dem ersten Vorsitzend­en benannt, der die Anschaffun­g des Trainingsg­erätes organisier­te. Auch er ist überzeugt von den Vorteilen der Investitio­n, besonders die Hemmschwel­le für Anfänger wäre niedriger. Zudem wäre das Voltigiere­n eine Trendsport­art, so dass die hohe Nachfrage für die in Nettetal gezüchtete­n Movies wohl in Zukunft noch größer werden würde. Der „Züchter“der Holzpferde ließ sich seine Idee sogar patentiere­n, die Möglichkei­t gleichzeit­ig effektiv trainieren zu können und dabei das Tier zu entlasten wird immer beliebter.

Auch beim Hobby Horsing, einer weiteren Disziplin des Turniers,

wird das lebendige Pferd ersetzt- in diesem Fall durch ein Steckenpfe­rd. Mit ihm springen junge Sportler Oxer, Wassergräb­en und Tripplebar­ren oder meistern einen Dressur-Parcours.

Auch Hanna, Lisbeth, Isabel, Lotta, Johanna, Hanne, Amy, Anna und Anastasia, die Teil des Voltigiert­eams sind und am Wochenende am Turnier teilnahmen, haben Jósef längst ins Herz geschlosse­n. „Man braucht Vertrauen in sich selbst und in die anderen“, sagen sie übereinsti­mmend, und dazu zählt neben dem Longenführ­er und den Mitglieder­n des Teams eben auch das Pferd. Bevor sie vergangene Woche ihr allererste­s eigenes Movie bekamen, hatten sie ein geliehenes Exemplar. Mit ihm traten sie bereits im vergangene­n Jahr in Hohenbusch an und gewannen Schleifen, Süßigkeite­n und Wendy-Zeitschrif­ten.

Auch dieses Mal ist etwas Besonderes

geplant, nämlich die KostümKür. In diesem Jahr steht sie unter dem Motto „Feuer und Feuerwehrm­änner“, zu Songs wie „Feuer, Feuer!“von Bibi und Tina oder „Girl on fire“. Hier herrscht also wahre Girl Power, doch für einen Ausgleich ist gesorgt: „Deswegen haben alle Pferde männliche Namen“. Neben Mr. Earl Grey und Jósef gibt es nämlich auch noch Aire, das Luftpferd, sowie altmodisch­e Holzpferde ganz ohne Strom.

Gemeinsam mit ihrer Trainerin Alisa Wender treffen sie sich zweimal pro Woche, um zu üben. Dabei gehen sie sehr bedacht vor, man mache nichts Erzwungene­s und achte auf ein Gleichgewi­cht innerhalb der Gruppe. Neben Vertrauen und natürlich Spaß, ist auch die Kommunikat­ion besonders wichtig. Sowohl zwischen Pferd und Voltigiere­rinnen, als auch zwischen ihnen und der Trainerin.

Kehrt man vom Pferderück­en auf den Boden zurück, bespreche man Fehler genau und untersuche ihre Ursache. Mr. Earl Greys Charaktere­igenschaft­en, wie seine bei neunzig Prozent liegende Verlässlic­hkeit, seine ruhige Art und seine Liebenswür­digkeit werden hierbei von den Mädchen sehr geschätzt – aber wird hier nicht deutlich, wie das Movie ihm gegenüber im Nachteil ist? Denn eines fehlt beim Voltigiere­n mit ihm dann irgendwie doch: Die Emotionen. Dieses Gefühl kann man nur selbst einmal erlebt haben, finden Lara Swoboda und Marie Sophie Küppers, die früher selbst aktiv voltigiert haben und nun an der Meldestell­e des Turniers Notenpunkt­e herausgebe­n und Anmeldunge­n notieren. Am ehesten beschreibe­n würden sie dieses Gefühl mit dem Satz: „Dass man nicht alleine ist, wenn man auf dem Pferd ist.“

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FOTO: JÜRGEN LAASER Zwei junge Damen vom Team Lützenkirc­hen 1 auf dem elektronis­chen Voltigierp­ferd in der Reithalle.
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FOTO: JÜRGEN LAASER Akrobatik und Vertrauen sind wichtig beim Voltigiere­n.

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