Rheinische Post Erkelenz

Provinzsta­dt mit Strahlkraf­t

Helge Hesse erzählt in seinem Weimar-Buch von einem Ort großer Persönlich­keiten.

- VON THERESA SZOREK

„Mit Büchern über Goethe, Schiller und Weimar könnte man ein ganzes Haus vollstopfe­n“, sagt der Schriftste­ller Helge Hesse. Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, selbst ein Buch über diese Stadt und ihre berühmten Söhne und Töchter zu schreiben. Ganz im Gegenteil: Für die Recherche habe er wahnsinnig viel gelesen und haufenweis­e Bücher gekauft, teilweise wunderschö­ne antiquaris­che Bände. Der Ansatz von Hesse, dessen Buch „Ein deutsches Verspreche­n – Weimar 1756–1933“im Oktober 2023 erschienen ist, ist aber ein anderer. „Ich wollte nicht eine Geschichte Weimars schreiben. Das gibt es schon oft“, sagt er. „Ich wollte es anders machen.“

In seinen Büchern beschäftig­t sich Hesse damit, was es bedeutet, Mensch zu sein. Dabei kommt er oft vom Konkreten zum großen Ganzen. Hesse erklärt komplexe Zusammenhä­nge so anschaulic­h, dass sich das Lesen so spannend anfühlt, als habe man gerade einen Roman in der Hand und kein Sachbuch. Sein vorletztes Buch „Die Welt neu beginnen – Leben in Zeiten des Aufbruchs 1775–1799“wurde mit dem Bayerische­n Buchpreis ausgezeich­net. In seinem aktuellen Werk „Ein deutsches Verspreche­n“geht es vor allem um die Persönlich­keiten, die nicht nur Weimar, sondern ganz Deutschlan­d geprägt haben.

Nach dem Erfolg von „Die Welt neu beginnen“wird die KlassikSti­ftung Weimar auf den Autor aufmerksam, der in Düsseldorf lebt. Anlässlich der Sanierung des Stadtschlo­sses schreibt er ein kurzes Büchlein über dessen Geschichte. „Bei der Recherche wurde mir klar, dass Weimar sehr viel von Deutschlan­d abbildet“, erzählt Hesse:: „Im Guten wie im Schlechten.“Denn Weimar steht eben nicht nur für die Weimarer Republik, Goethe, Schiller und Bauhaus. Nur wenige Kilometer entfernt liegt auch die Gedenkstät­te Buchenwald.

In Thüringen hatten die Nationalso­zialisten ihre erste Regierungs­beteiligun­g, in Weimar hatte man außerdem versucht, den seit 1925 staatenlos­en Adolf Hitler einzubürge­rn. Dieser verzichtet­e allerdings darauf. „Man konnte deutscher Staatsbürg­er werden, indem man verbeamtet wurde“, so Hesse: „Die Stelle als Kommissar, die man ihm angeboten hatte, war Hitler aber zu piefig.“Im Gespräch war auch, dass Hitler eine Stelle an der renommiert­en Kunsthochs­chule bekam, doch das klappte ebenfalls nicht.

Im Epilog behandelt Hesse auch dieses Kapitel Weimars. „Ein Verspreche­n ist ja nicht unbedingt nur etwas Gutes“, sagt er: „Der Titel soll auch provoziere­n.“Weimar, das ist ein kleiner Ort mit einer großen Geschichte. Weimar wurde nie zur Metropole und prägte doch die deutsche Kultur. „Es bleibt der Blick auf all das, was Weimar als Ort in der Welt noch immer inspiriert“, schreibt Hesse: „In der Gestalt von Alltagsgeg­enständen, in den Konzepten der deutschen Band Kraftwerk, in Zitaten des Triadische­n Balletts, bei David Bowie und Madonna.“Interessan­te Menschen ziehen andere interessan­te Menschen an. Und sie machen einen Ort zu dem, was er ist.

 ?? FOTO: JOSI HESSE ?? Helge Hesse liest am Mittwoch aus „Ein deutsches Verspreche­n – Weimar 1756–1933“.
Info Mittwoch, 17. April, 19.30 Uhr, Goethe-Museum; Tickets: Buchhandlu­ng Bolland & Böttcher, telefonisc­h unter 0211 6913571 oder per E-Mail an info@bollandund­boettcher.de.
FOTO: JOSI HESSE Helge Hesse liest am Mittwoch aus „Ein deutsches Verspreche­n – Weimar 1756–1933“. Info Mittwoch, 17. April, 19.30 Uhr, Goethe-Museum; Tickets: Buchhandlu­ng Bolland & Böttcher, telefonisc­h unter 0211 6913571 oder per E-Mail an info@bollandund­boettcher.de.

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