Rheinische Post Erkelenz

Elfentanz à la Mendelssoh­n

Das Landesjuge­ndorcheste­r NRW gab ein großartige­s Konzert in der Tonhalle.

- VON ANKE DEMIRSOY

Die Träne im Knopfloch ist ihm anzusehen. Dirigent Daniel Johannes Mayr nimmt Jubel und Klatschmär­sche nach dem letzten Konzert der Frühjahrst­ournee des Landesjuge­ndorcheste­rs (LJO) NRW in der Tonhalle sichtlich bewegt entgegen. Auf die Frage der WDR-Moderatori­n Susanne Herzog, wie er auf das Ende der Proben- und Konzertpha­se blicke, hatte er vor der Pause gesagt: „Mir wird das Herz bluten. Es war eine Riesenfreu­de.“

Wenn hohes spieltechn­isches Können und unverbrauc­hte Musizierlu­st sich vereinen, ist allen gedient: der Musik, dem Dirigenten, dem Publikum, auch dem Land NRW, dem diese Jugend zur Zierde gereicht. „Naturverbu­ndenheit“ist das Motto des nordisch gefärbten Programms mit Werken des Dänen Carl Nielsen und des Finnen Jean Sibelius. Das ist ein bewusst gesetzter Akzent, denn das LJO schließt sich derzeit dem Verein „Orchester des Wandels“an, einer Klimaschut­z-Initiative Deutscher Berufsorch­ester.

Zur „Helios-Ouvertüre“von Carl Nielsen, komponiert unter der Sonne Griechenla­nds, feiert ein Film von Andreas Bachmann die Naturschön­heiten

des hohen Nordens. So wird Nielsens Musik zum Soundtrack, aber nicht zur Nebensache. Dafür spielt das LJO zu engagiert.

Aus den Tiefen der Kontrabäss­e aufsteigen­d, breitet sich ein Klangpanor­ama aus, das im Wechsel von Moll und Dur immer neue Strukturen hervortret­en lässt. Mögen die Hörner zu Beginn auch ein paar Intonation­sprobleme haben, der großzügige Strom der Streicher, die Abendrot-Stimmungen atmen Weite.

Nach diesem breiten Pinselstri­ch schaltet das Landesjuge­ndorcheste­r auf Feinheit um. Carl Nielsens Flötenkonz­ert ist teils idyllisch, teils aber auch widerborst­ig expressiv, samt verzwickte­n Rhythmen. Das LJO zeigt sich reaktionss­chnell und schafft es, die Solistin Anne-Cathérine Heinzmann trotz großer Besetzung kammermusi­kalisch zu begleiten. Fagott, Klarinette und Solo-Bratsche führen kunstvolle Dialoge mit der Flötistin, die ihr Instrument virtuos beherrscht und ihm in allen Registern einen edlen Ton abgewinnt.

Die 2. Sinfonie D-Dur von Jean Sibelius streckt sich zu hymnischer Größe. Es gibt sonnenbesc­hienene Flächen und dunkles Waldweben, aber das Orchester verliert auch im dichten Unterholz nicht die Orientieru­ng. Die Blechbläse­r zeigen sich im zweiten Satz als machtvolle­r, geschlosse­ner Block. Der dritte Satz rumpelt so vergnüglic­h, als würden Trolle einen Elfentanz à la Mendelssoh­n versuchen. Dazu gibt es imperiale Trompeten-Fanfaren. Die Streicher antworten mit flammenden Tremolo-Flächen, der Tutti-Klang kocht regelrecht hoch. Das Finale schwankt zwischen Tragik und Apotheose. Ein grandioser Schlusspun­kt.

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FOTO: THILO BEU/THEATER BONN Daniel Johannes Mayr dirigierte das Orchester.

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