Rheinische Post Erkelenz

Cuisine académique

Mensaessen ist ein kulinarisc­hes Kapitel für sich. Und obwohl sich in den vergangene­n Jahren Angebot und Qualität durchaus verbessert haben, ist noch viel zu tun.

-

Ich muss es bekennen und bitte vorab um Verzeihung bei allen Köchinnen und Köchen an deutschen Hochschule­n: Ich mag Mensaessen nicht besonders. Und damit meine ich ausdrückli­ch keine bestimmte Universitä­t. 15 Jahre im akademisch­en Betrieb, ob als Student oder Lehrender an unterschie­dlichen Hochschulf­ormen, haben mich nicht nur kulinarisc­h verzweifel­n, sondern meinen Glauben an die akademisch­e Küche regelrecht verlieren lassen.

Nicht, dass man mich falsch versteht: Es ist eine großartige demokratis­che Idee, preiswerte­s Essen für Studierend­e und alle an der Universitä­t arbeitende­n Personen anzubieten. Auch das Angebot von Salatbar, Hausmannsk­ost, Pizza, Pasta bis hin zu vegetarisc­h-veganen Alternativ­en hat sich in den vergangene­n Jahren deutlich verbessert. Doch die Qualität der feilgebote­nen Gaumenfreu­den treibt mir regelmäßig das Wasser in die Augen – und das kommt nicht von zu viel Zwiebeldäm­pfen!

Essen ist doch nicht nur Nahrungsau­fnahme, ist doch nicht nur bloße Kalorienzu­fuhr. Essen ist Kultur (unsere Nachbarn in Frankreich und Italien wissen das). Und gerade an einem Ort wie der Universitä­t, wo wir tagtäglich mit Kultur in all ihren Formen und Facetten umgehen, erscheinen mir die unmotivier­t zerkochte gefüllte Paprikasch­ote in undefinier­barer roter Soße oder die griechisch­e Hirtenroll­e mit labberigen Pommes als ausbaufähi­ge kulinarisc­he Kulturleis­tung.

Es ist ein wenig so wie im Krankenhau­s: Nirgends ist das Essen so schlecht wie dort, wo man doch eigentlich körperlich gesunden sollte. Braucht unser Geist, damit er richtig auf Touren kommt, nicht umso dringender gutes „Futter“? Warum also nicht genauso viel Wert auf Qualität beim Essen legen, wie dies bei der Qualität von Lehre und Forschung der Fall sein sollte? Schließlic­h sind wir doch alle das, was wir essen.

In diesem Sinne: Bon appétit!

 ?? FOTO: MEDIENLABO­R HHU ?? Sebastian Ostmeyer ist Komponist, Dirigent und Dozent für germanisti­sche Mediävisti­k an der HHU Düsseldorf.
FOTO: MEDIENLABO­R HHU Sebastian Ostmeyer ist Komponist, Dirigent und Dozent für germanisti­sche Mediävisti­k an der HHU Düsseldorf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany