Sams Geschichte macht Mut
Als Transmann ist Sam Engels Ansprechpartner für junge Betroffene und deren Angehörige im Geilenkirchener Regenbogenzentrum. Offen spricht er über seinen Lebensweg.
Der Bundestag hat kürzlich das „Selbstbestimmungsgesetz“beschlossen, das trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen erleichtern soll, ihren Geschlechtseintrag ändern zu lassen. Engagierte im Geilenkirchener „Regenbogenzentrum“für Jugendliche und junge Erwachsene der LSBTIQ+ („queeren“) Community begrüßen diesen Schritt. Sie halten die Befürchtung, künftig würden massenweise Geschlechtseinträge hin- und hergeändert, für absurd. Kein Transmensch mache einen solchen Schritt leichtfertig.
So sieht es auch Sam Engels (28) aus Übach-Palenberg. Er gehört als Transmann und Ansprechpartner für Betroffene und deren Eltern zum Team des Regenbogenzentrums. Mit seiner Offenheit macht er Transmenschen Mut und sprengt Barrieren bei Außenstehenden. Er erzählt uns seine Geschichte.
Die Kindheit, so Engels, erlebte er als Mädchen in der Johanniter-Kindertagesstätte Übach-Palenberg, einen Steinwurf entfernt von seinem Elternhaus. Da ahnte er noch nicht, dass er 2018 in seinem alten
„Man kann mir alle Fragen stellen“Sam Engels Transmann
Kindergarten als männlicher Erzieher seinen Dienst antreten würde. Bis heute ist er dort angestellt, obwohl er zurzeit ein Sabbatjahr eingelegt hat, auch um sich der Arbeit im Regenbogenzentrum widmen zu können. Das „Outing“als Transmensch ergab sich in seiner Kita fast von selbst, erzählt Sam. „Zumal ich dort vorher noch als Praktikantin aktiv war.“Er sei offen mit seiner Veränderung umgegangen, auch wenn Eltern nachfragten. Sein Vater und (nach dem frühen Tod der Mutter) die Stiefmutter und zwei Stiefgeschwister haben Sams Weg ebenfalls mitgetragen, als er sich mit 17 Jahren seiner Trans-Identität bewusst wurde. Dabei unterstützt hatten ihn Videos und Informationen im Internet, in denen er sich und seine Empfindungen wiedererkannte. „Damals war Trans-Identität noch kaum Thema, sodass ich mich zunächst als lesbisch empfunden habe“, erinnert sich Engels. Nachdem ihm klar geworden war, dass er „trans“sei, habe er über eine eigene WhatsApp-Gruppe seinen gesamten Bekanntenkreis informiert und gebeten, nun als Sam angesprochen zu werden. Und alle hätten das akzeptiert.
Engels weiß, dass seine überwiegend positiven Erlebnisse alles
andere als selbstverständlich sind. „Normalerweise gehören Unverständnis, blöde Sprüche und auch offene Ablehnung zum Alltag vieler Transmenschen.“In der Berufsschule habe auch er solche Sprüche gehört, aber schnell abgehakt. Engels entschloss sich nicht nur zur Vornamen-Änderung, sondern auch zu einer körperlichen Angleichung und absolvierte den hürdenreichen Prozess nach dem nun alten „Transsexuellengesetz“. Flankiert von einer psychologischen Begleittherapie begann er 2016, damals 20
Jahre alt, mit der Hormontherapie, 2017 ließ er sich das Brustgewebe operativ entfernen (Mastektomie). Weitere angleichende Operationen hielt er nicht für nötig. Er fühle sich so, wie er jetzt sei, zufrieden und mit sich im Reinen, betont er. Mit seiner Partnerin, die Sam vor Beginn der Angleichung kennengelernt hatte, lebt er nach wie vor zusammen.
„Man kann mir alle Fragen stellen“, lautet Sam Engels‘ Devise, so auch kürzlich in einem Workshop zur Diversität, zu dem er in die Gesamtschule Ratheim eingeladen
war. Vor allem gilt dies natürlich in seinen Beratungsgesprächen im Regenbogenzentrum, wo er trans- und intergeschlechtlichen Jugendlichen gern seine eigenen Erfahrungen weitergibt und sie über alle Möglichkeiten aufklärt.
Den Schwerpunkt für Trans-Jugendliche und junge Erwachsene teilt er sich mit John Swoboda, dem Pädagogischen Leiter der Einrichtung. Sam Engels als Kita-Erzieher bietet auch Eltern mit jüngeren Kindern, deren Verhalten vom üblichen Jungen-/Mädchenprofil abweicht, eine Anlaufstelle. Dass schon Fünfjährige Unbehagen an ihrem Körper äußern, ein Mädchen etwa sagt „Ich bin ein Junge“, kommt in jüngster Zeit gar nicht mehr so selten vor, berichten die beiden Berater. Auch Kindergärten suchten immer wieder mal Rat in solchen Fällen.
„Wichtig ist uns, das Selbstwertgefühl der Betroffenen zu stärken, nicht-heterosexuellen und TransJugendlichen zu sagen, dass sie nicht krank oder ,anormal‘ sind und es ähnlich Betroffene gibt, die sie im Regenbogenzentrum kennenlernen können“, sagt Swoboda. Denn Isolation sei ein großes Thema. „Es gibt Jugendliche, die nicht mehr aus dem Haus gehen wollen, weil sie sich mit ihrem Körper nicht identifizieren.“Swoboda und Engels betonen, dass sie keine Therapie anbieten können und wollen, Betroffene (und Eltern) aber bei Bedarf natürlich über spezialisierte Therapeutinnen und Therapeuten und passende medizinische Anlaufstellen informieren.
Sam Engels kennt die Unsicherheit vieler Außenstehender Transmenschen gegenüber. Was rät er ihnen? „Am besten direkt fragen: Wie kann ich Sie/Dich ansprechen?“Dann ist der Bann oft schon gebrochen.