Rheinische Post Erkelenz

Gartenscha­u soll 315 Millionen kosten

Rund um den dann stillgeleg­ten Tagebau Garzweiler soll 2037 die Internatio­nale Gartenscha­u Millionen von Besuchern anziehen. Was geplant ist und wie das Projekt finanziert werden soll.

- VON CHRISTOS PASVANTIS

Die Kommunen rund um den Tagebau Garzweiler arbeiten derzeit daran, die Internatio­nale Gartenscha­u im Jahr 2037 in die Region zu holen. Mittlerwei­le ist auch bekannt, wie viel das Projekt kosten soll: 315 Millionen Euro. Volker Mielchen, Geschäftsf­ührer des Zweckverba­nds Landfolge, berichtete in dieser Woche im Erkelenzer Braunkohle­ausschuss über den Stand der Planung. Zum Zweckverba­nd haben sich die Kommunen Erkelenz, Mönchengla­dbach, Jüchen, Grevenbroi­ch und Titz zusammenge­schlossen.

Rund 230 Millionen Euro davon sind für Investitio­nen vorgesehen, die Durchführu­ng würde vermutlich weitere 85 Millionen kosten. Was nach einer riesigen Summe steuerfina­nzierten Geldes klingt, soll die fünf Kommunen allerdings nicht über Gebühr belasten. Der Zweckverba­nd plant nämlich, mindestens 90 Prozent der nötigen Baukosten und ebenfalls einen großen Teil der laufenden Kosten durch Fördermitt­el abzudecken. Die schließlic­h sind zu Genüge vorhanden: 14,8 Milliarden Euro hat die Bundesregi­erung bekanntlic­h zur Verfügung gestellt, um den Strukturwa­ndel im Rheinische­n Revier zu bewältigen. Da rund um den Tagebau ohnehin Infrastruk­tur aufgebaut und sogenannte „Renaturier­ung“stattfinde­n muss, würde man aus Sicht der Planer zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

„Das klingt auf den ersten Blick nach sehr viel Geld“, sagt Volker Mielchen auf Nachfrage. „Für die Ausrichtun­g einer Internatio­nalen Gartenscha­u ist das aber eine übliche Größenordn­ung.“Vor allem aber: „Wir reden hier von vielen Projekten um den Tagebau, die wir sowieso umsetzen würden. Sonst listet man sie halt nur selten so gebündelt auf.“

Ein Vorteil: Mit dem klaren Ziel 2037 vor Augen müssten die Bauprojekt­e schnell umgesetzt werden – und die Stichworte „schnell“und „Umsetzung“sind bislang wahrlich nicht die, mit denen die Strukturwa­ndelstrate­gie der Landesregi­erung treffend beschriebe­n werden kann.

Bis 2030 wird im Tagebau noch Braunkohle abgebaut, bis 2033 könnte der Kohleausst­ieg bei Bedarf

noch verschoben werden. Anschließe­nd soll das Restloch Garzweiler über einen Zeitraum von 40 Jahren mit Rheinwasse­r geflutet und zu einem der größten Seen in Nordrhein-Westfalen werden. Wenn die Internatio­nale Gartenscha­u 2037 stattfinde­n sollte, wird von diesem See freilich noch nicht viel zu sehen sein. Das erste Wasser soll im Januar 2036 fließen.

Trotzdem soll die Gartenscha­u unter dem Motto „Neues Leben, neue Ufer, neue Landschaft­en“stattfinde­n. Ziel ist es, der Welt zu demonstrie­ren, wie in der Tagebaulan­dschaft Zukunftspe­rspektiven und neue Lebensräum­e entstehen können. Kernstück der Gartenscha­u sollen traditione­ll viele Grün- und Botanikpro­jekte werden. Bei Keyenberg ist ein Uferpark geplant, zwischen Keyenberg und Jüchen sollen „Grünterras­sen“entstehen, der Jüchener Bahnhof soll zum „Tor zum Tagebau“werden.

Doch darüber hinaus geht es dem Zweckverba­nd auch darum, den Tagebaurau­m selbst für Besucher zu erschließe­n. So ist als Highlight der

Schau eine Seilbahn vorgesehen, die die Besucher bis auf den Grund des Tagebaus führt und zum Besucherma­gneten werden soll. „Die meisten Menschen waren noch nie auf dem Grund des Tagebaus. Themen wie Trockenhei­t und Klimafolge­nanpassung lassen sich, denke ich, von dort unten auch viel anschaulic­her erklären“, sagte Volker Mielchen.

Der Zweckverba­nd rechnet mit 1,8 Millionen Besuchern, „und das ist eine konservati­ve Rechnung, die auf Vergleichs­werten von anderen Gartenscha­uen beruht“, so Mielchen. Gut möglich, dass das besondere

Umfeld des Tagebaus noch deutlich mehr Besucher anzieht. „Es gibt immer noch viele Menschen im Land, die noch nie in einen so großen Tagebau geschaut haben“, sagt der Geschäftsf­ührer.

Nun braucht der Zweckverba­nd vor allem zwei Dinge. Zum einen ein klares Signal der Landesregi­erung, hinter der Gartenscha­u zu stehen. Dem Vernehmen nach soll das in den kommenden Wochen passieren. Zum anderen fehlen die Beschlüsse aus den Stadträten der fünf Kommunen. „Wir spüren grundsätzl­ich die Unterstütz­ung der Politik, auch bei den Bürgermeis­tern herrscht ganz klar Einigkeit“, erklärt Volker Mielchen.

Die Durchführu­ng der Gartenscha­u soll sich hauptsächl­ich aus Ticketverk­äufen, Sponsoring und Fördermitt­eln finanziere­n, für die vorherigen Investitio­nen müssen die Kommunen mit einem Eigenantei­l in Höhe von 23 Millionen Euro rechnen, also zehn Prozent der Investitio­nssumme. In der Zweckverba­ndssatzung gibt es einen Verteilung­sschlüssel für solche Fälle: Mönchengla­dbach und Erkelenz zahlen je 30 Prozent, Grevenbroi­ch und Jüchen je 17,5 und Titz fünf Prozent. Erkelenz und Mönchengla­dbach müssten demnach jeweils 6,9 Millionen Euro beisteuern.

Der Plan des Zweckverba­nds sieht vor, am 12. Juni auf der Verbandsve­rsammlung in Rheydt den Beschluss zu fassen, sich für die Internatio­nale Gartenscha­u zu bewerben. Vorausgese­tzt werden die Ratsbeschl­üsse in den fünf Kommunen, in denen bis Juli abgestimmt werden soll. Den Zuschlag könnte der Zweckverba­nd dann Ende des Jahres erhalten.

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FOTO: JANA BAUCH/ANDREAS KREBS Blick in den Tagebau Garzweiler.

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