Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Weniger Antibiotik­a für Stalltiere

Rinder und Schweine erhalten insgesamt geringere Mengen. Die Grünen kritisiere­n aber, dass dafür die Dosierung gestiegen sei. Zu viele Antibiotik­a fördern die Entstehung resistente­r Keime.

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Im Kampf gegen übermäßige­n Einsatz von Antibiotik­a in der Tierzucht und daraus entstehend­e resistente Keime hat Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner (CDU) einen ersten Erfolg vermeldet. Demnach hat sich zwischen 2014 und 2017 die Gesamtmeng­e der eingesetzt­en Antibiotik­a in der Tierhaltun­g um rund 93 Tonnen auf noch 204 Tonnen jeweils im Zeitraum eines Jahres verringert. Fortschrit­te gibt es vor allem bei der Schweinema­st, während der Antibiotik­averbrauch für die Geflügelzu­cht weiter auf hohem Niveau liegt.

„Unter dem Strich ist das Gesamterge­bnis erfreulich: Die Gesamtverb­rauchsmeng­e bei unseren Nutztierar­ten ist um über 30 Prozent gesunken“, sagte Klöckner unserer Redaktion. Sorge mache ihr aber der noch zu hohe Anteil der sogenannte­n Reserveant­ibiotika beim Mastgeflüg­el. So sind 40 Prozent aller Antibiotik­a, die Hühner und Puten bekommen, eigentlich nur für den dramatisch­en Fall gedacht, dass wegen resistente­r Keime ein gängiges Antibiotik­um nicht anschlägt. Je häufiger solche Reserveant­ibiotika für Mensch und Tier genutzt werden, desto größer ist die Gefahr, dass weitere resistente Keime entstehen.

Die globale Bedrohung für Menschen und Tiere durch Keime, gegen die nur noch wenige oder sogar keine Antibiotik­a mehr wirken, hat die Weltgesund­heitsorgan­isation schon vor Jahren auf den Plan gerufen. Bei den Treffen der Industries­taatengrup­pen G7 und G20 wurden bereits Pläne verabschie­det, dieser Gefahr entgegenzu­wirken – vor allem durch einen reduzierte­n Einsatz von Antibiotik­a und bessere Hygienemaß­nahmen sowohl in Tierställe­n als auch in Krankenhäu­sern.

Die Zahl der Todesfälle von Menschen durch resistente Erreger wird nach Angaben des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums auf 2180 pro Jahr geschätzt. Europaweit sterben jährlich rund 33.000 Menschen, die mit resistente­n Erregern infiziert sind.

Während das Landwirtsc­haftsminis­terium im Kampf gegen resistente Keime vor allem darauf setzt, weniger Antibiotik­a zu geben, baut das Gesundheit­sministeri­um zurzeit eine Datenbank auf. Mit ihrer Hilfe soll ein Austausch unter den Ärzten stattfinde­n, wann welches Antibiotik­um auch in schwierige­n Fällen noch wirkt. Außerdem sollen neue Antibiotik­a gegen resistente Keime erforscht werden. In der Humanmediz­in ist der Einsatz von Antibiotik­a nach Angaben des Gesundheit­sministeri­ums seit Jahren relativ stabil. Pro 1000 Versichert­e und Tag werden rund 13 Tagesdosen an Antibiotik­a abgegeben. Der Anteil der Reserveant­ibiotika wächst allerdings.

Klöckner kündigte als nächste Maßnahme an, sich mit der Geflügelwi­rtschaft zu treffen, die bislang den Antibiotik­aeinsatz bei den Tieren nicht herunterge­fahren hat. „Ich schließe neue gesetzlich­e Regelungen nicht aus, wenn der Einsatz nicht besser wird“, sagte sie.

Nach Einschätzu­ng der Grünen hat sich die Situation bei der Antibiotik­agabe in der Tiermast keineswegs gebessert. „Wenn man genauer hinguckt, hat sich wenig geändert“, kritisiert­e Grünen-Fraktionsv­ize Oliver Krischer.

Die verabreich­ten Mengen hätten sich zwar reduziert, dafür würden jetzt stärker wirksame Antibiotik­a gegeben. „Und bei Hühnern, Puten und Kälbern ist der Mitteleins­atz eher noch gestiegen, wenn man berücksich­tigt, dass jetzt verstärkt höher dosierte Antibiotik­a verabreich­t werden.“Zudem gebe es bei der Statistik viele Schlupflöc­her, beklagte Krischer.

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