Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Verpasste Chance in Brüssel

- VON MICHAEL BRÖCKER EU-CHEFS VERTAGEN EINIGUNG . . ., TITELSEITE

Kanzlerin Angela Merkel war bei ihrem einzigen Auftritt im Europawahl­kampf in München eindeutig. Sie werde sich mit „allem, was ich habe“, dafür einsetzen, dass Manfred Weber Kommission­spräsident wird, sollte die EVP stärkste Fraktion im Europäisch­en Parlament werden. Nun ist die EVP stärkste Fraktion. Und Merkel lässt Weber fallen. Dass die Spitzenkan­didaten keine Mehrheit im Rat hätten, müsse man zur Kenntnis nehmen, so Merkel. Ach ja? Ist das so?

Die Kanzlerin kämpft nicht mit harten Bandagen, sonst hätte sie mit Verbündete­n, etwa den Niederland­en, Österreich und einigen ost- und nordeuropä­ischen Ländern, ein informelle­s Bündnis gegen den Weber-Gegner Emmanuel Macron geschlosse­n und dem französisc­hen Präsidente­n ein Angebot gemacht, das er nicht ablehnen kann (zum Beispiel einen EZBChef aus Frankreich und eine inhaltlich­e Agenda, die seinen Reformvors­chlägen entgegenko­mmt). Auch die Sozialdemo­kraten und Liberalen im Parlament tun sich keinen Gefallen damit, Weber so schnell auszuschli­eßen. Nun ist wahrschein­lich, dass die Staatschef­s einen Kandidaten (oder eine Kandidatin) vorschlage­n, der oder die nicht als Spitzenkan­didat(in) aktiv war. Das einzig direkt legitimier­te Gremium entmachtet sich selbst. Wasser auf die Mühlen der Rechtspopu­listen, die Brüssel ohnehin für eine heuchleris­che Veranstalt­ung halten, bei der ein paar Regierungs­chefs im Hinterzimm­er entscheide­n.

Dabei gäbe es einen Weg, der manche Interessen vereint: das Israel-Modell. Die Spitzenkan­didaten Manfred Weber und Frans Timmermans teilen sich die Amtszeiten als Kommission­s- und Parlaments­präsident. Dazu die liberale Margrethe Vestager als Außenbeauf­tragte oder Ratspräsid­entin, und die EU hätte drei respektabl­e Persönlich­keiten in führenden Ämtern. BERICHT

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