Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Jeremy Hunt tritt gegen Boris Johnson an
Das Duell um den Parteivorsitz der britischen Konservativen steht fest. Und es gibt einen klaren Favoriten.
LONDON Aus einem Bewerberfeld von ursprünglich einem Dutzend Kandidaten sind zwei Namen übriggeblieben – Boris Johnson und Jeremy Hunt. Der ehemalige und der amtierende Außenminister werden ins Duell um die Nachfolge der britischen Premierministerin Theresa May gehen. Nachdem die Parlamentsfraktion der Konservativen die beiden Kandidaten bestimmt hat, ist nun die Basis dran. In den nächsten vier Wochen müssen Johnson und Hunt bei den rund 160.000 Mitglieder der Konservativen Partei punkten. Wer gewinnt, wird neuer Parteivorsitzender und damit auch nächster Premierminister. Johnson ist klarer Favorit.
Zwei Wahlgänge waren am Donnerstag nötig, um das Feld auf zwei Kandidaten zu reduzieren. Überraschend war, dass es Johnson schon im vorletzten Wahlgang gelang, mit 157 Stimmen mehr als die Hälfte der Fraktion auf seine Seite zu ziehen. Das gibt ihm Munition für seine Behauptung, die Partei einen zu können. Als Herausforderer setzte sich Jeremy Hunt am Ende denkbar knapp gegen Umweltminister Michael Gove durch – 77 zu 75.
Johnson wird es recht sein, dass Hunt gegen ihn antritt. Sein Team hätte Gove mehr gefürchtet. Denn dieses Duell wäre ein harter Kampf geworden. Der Umweltminister ist ein Gegner Johnsons, seitdem er 2016 dessen Bewerbung um den Vorsitz torpedierte.
Johnson erwartet, mit Hunt leichteres Spiel zu haben. Denn Hunt hat beim Referendum für den Verbleib in der EU gestimmt. Zwar beteuert er mittlerweile, ein leidenschaftlicher Brexit-Fan zu sein. Aber viele vergleichen ihn mit May, die auch stets ihre Probleme hatte, das Misstrauen der Brexit-Hardliner auszuräumen. Nicht umsonst wird Hunt „Theresa in Hosen“genannt.
Dabei hat der 52-Jährige ein paar Trumpfkarten im Ärmel. Hunt gilt als das reichste Kabinettsmitglied – er hat Millionen als Unternehmer verdient, bevor er in die Politik ging. Er bietet sich als derjenige an, der am besten mit Brüssel verhandeln kann. Genau wie Johnson verspricht er, den Brexit in jedem Fall am 31. Oktober und notfalls auch ungeregelt vollziehen zu wollen. Doch er behauptet, die besten Aussichten zu haben, eine neue Übereinkunft mit der EU auszuhandeln.
Bei den Mitgliedern aber wird es Hunt schwer haben. Der typische Tory im Land ist beim Brexit völlig kompromisslos. Eine Umfrage ergab kürzlich, dass eine knappe Mehrheit sogar den Untergang ihrer eigenen Partei hinnehmen würde, um den Brexit zu verwirklichen. Auch ein Auseinanderfallen des Königreichs würde dafür in Kauf genommen. 64 Prozent nähmen lieber eine Abspaltung Schottlands hin, als auf den Brexit zu verzichten. Bei solch dezidierten Ansichten dürfte das Rennen machen, wer sich in Sachen EU-Austritt am härtesten gibt. Und da hat Johnson die Nase vorn.