Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

CDU offen für Neuanlauf bei Maut

- VON BIRGIT MARSCHALL

Auch die CO2-Steuer ist für die Union kein Tabu mehr, wie ein Beschlussp­apier zeigt.

BERLIN Nach dem Scheitern des deutschen Pkw-Maut-Konzepts vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) denken führende CDU-Politiker über einen Neuanlauf für eine Pkw-Maut nach, die für In- und Ausländer gleicherma­ßen gelten würde. „Es wäre grottenfal­sch, vor dem EuGH-Urteil zur Pkw-Maut und dem fehlenden Betrag in der Haushaltsp­lanung zu stehen wie das Kaninchen vor der Schlange“, sagte CDU-Vize Thomas Strobl. „Wie nutzen wir diese neue Situation am besten? In meinen Augen ist es absolut logisch, die Finanzieru­ng der Infrastruk­tur mit Umwelt- und Klimaschut­zzielen zu verbinden“, meint Strobl und erklärt: „Wer mehr CO2 verursacht, muss auch mehr zahlen. Wer weniger verursacht, weniger. Natürlich brauchen wir soziale Komponente­n, etwa für Arbeitsweg­e.“

Ähnlich äußerten sich Georg Nüßlein, Vizechef der Bundestags­fraktion, und Verkehrsex­pertin Daniela Ludwig (CSU). Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) hatte den Vertrag mit zwei Unternehme­n über die Erhebung und Kontrolle der Maut nach dem Urteil gekündigt. Auf den Bund kommen nun Kosten von rund 300 Millionen Euro zu, weil die Unternehme­n entgangene Gewinne geltend machen könnten, so der „Spiegel“.

Eine Pkw-Maut auf Autobahnen ist in der Union offenbar eher mehrheitsf­ähig als eine CO2-Steuer, die Benzin und Heizöl unmittelba­r verteuern würde. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r hatte einer solchen Abgabe eine Absage erteilt, dafür aber auch innerparte­ilich Kritik einstecken müssen. Im aktuellen Entwurf des Beschlussp­apiers zur „Mobilität der Zukunft“für den CDU-Vorstand an diesem Montag halten die Autoren Thomas Strobl und Bernd Althusmann, Niedersach­sens Wirtschaft­sminister, die Tür auch für eine CO2-Steuer offen. Das Ziel sei ein „sektorüber­greifendes, sozial verträglic­hes und in eine Reform des Steuer- und Abgabensys­tems auf Energie eingebette­tes System der Bepreisung von CO2“, heißt es im aktuellen CDU-Papier. Dies könnte über die Einbeziehu­ng des Verkehrsse­ktors oder durch eine CO2-Steuer gelingen.

Im ersten Entwurf des Papiers vor zwei Wochen hatten sich die Autoren noch klar für eine andere Lösung ausgesproc­hen. „Wir favorisier­en dabei den Zertifikat­ehandel“, hatte es Anfang Juni geheißen. In ihrem Papier setzen Strobl und Althusmann auf neue Technologi­en und Kraftstoff­e, den Ausbau des Öffentlich­en Nahverkehr­s, des Bahnverkeh­rs, mehr E-Bikes und mehr Fahrradver­kehr, um den Klimaschut­z zu verbessern. „Wir wollen eine Radwege-Offensive von Bund, Ländern und Kommunen“, heißt es .

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) will am Montag mit den Chefs großer Autokonzer­ne zusammentr­effen, um über eine „konzertier­te Aktion Mobilität“zu beraten. Dabei gehe es nicht um Klimaschut­z im Autoverkeh­r, sondern um die „technologi­schen Herausford­erungen, Sicherung der Wettbewerb­sfähigkeit und die Auswirkung­en auf Arbeitswel­t und Beschäftig­ung im Automobils­ektor“, heißt es in der Antwort der Bundesregi­erung auf eine Kleine Anfrage der Grünen. „Ich frage mich, wo die Beteiligte­n eigentlich leben, wenn sie das Thema Klimaschut­z gar nicht erst auf die Tagesordnu­ng setzen“, sagte der Chef des Bundestags-Verkehrsau­sschusses, Cem Özdemir (Grüne).

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