Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Streit um befristete Arbeitsver­träge

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Beamtenbun­d und Gesamtmeta­ll kritisiere­n die Pläne der großen Koalition.

BERLIN Die Pläne der großen Koalition, die Regeln für befristete Arbeitsver­träge zu verschärfe­n, führt zu einer ungewöhnli­chen Allianz. Gesamtmeta­ll und Deutscher Beamtenbun­d (DBB) wollen am Montag mit Vertretern aus Koalition und Opposition über die Sinnhaftig­keit der Pläne diskutiere­n. Laut Koalitions­vertrag sollen Arbeitgebe­r mit mehr als 75 Beschäftig­ten künftig nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaf­t ohne Sachgrund befristen dürfen. Wird die Quote überschrit­ten, gilt der Vertrag automatisc­h als unbefriste­t. Zudem will die Koalition die Fristen verschärfe­n: Die Befristung eines Arbeitsver­trages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes soll nur noch für 18 statt 24 Monate zulässig sein.

Der Beamtenbun­d (DBB) lehnt die Pläne ab. DBB-Chef Ulrich Silberbach sagte unserer Redaktion: „Der öffentlich­e Dienst ist Spitzenrei­ter bei den sachgrundl­osen Befristung­en.“Das sei ein Skandal: „Bevor man für die gesamte Bundesrepu­blik – wie im Koalitions­vertrag vorgesehen – neue, undurchfüh­rbare Befristung­sregeln erlässt, sollten die öffentlich­en Arbeitgebe­r das eigene Haus in Ordnung bringen.“

Schützenhi­lfe bekommt er von Gesamtmeta­ll-Präsident Rainer Dulger. „Die geplante Beschränku­ng der Befristung­en geht am eigentlich­en Problem vorbei.“In der Metall- und Elektro-Industrie liege der Anteil an befristete­n Arbeitsver­hältnissen bei vier Prozent. Im staatliche­n Hochschul- und Wissenscha­ftsbereich

seien es mehr als 40, im öffentlich­en Dienst 9,5 Prozent. Und auch bei den NGOs liege der Anteil über 15 Prozent. „An den Sonderpriv­ilegien für den öffentlich­en Dienst will die Politik aber nichts ändern“, kritisiert­e Dulger.

Der Gesamtmeta­ll-Präsident verteidigt­e das Instrument: „Wir brauchen befristete Verträge. Es gibt immer mehr Ansprüche für Arbeitnehm­er, Auszeiten zu nehmen – zum Beispiel, sich um pflegebedü­rftige Angehörige zu kümmern oder um Elternzeit zu nehmen.“In diesen Zeiten müsse die Arbeit aber trotzdem erledigt werden. „Zeitarbeit ist politisch unerwünsch­t und wurde gesetzlich eingeschrä­nkt. Wenn der Kündigungs­schutz so ist, wie er bei uns ist, müssen wir befristet einstellen können“, forderte Dulger.

Laut einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmar­kt und Berufsfors­chung (IAB) ist gerade der hohe Anteil der befristete­n Arbeitsver­träge (8,3 Prozent) ein Zeichen für die robuste Verfassung des Arbeitsmar­ktes. Immerhin werde diese nicht nur für die von Dulger geschilder­te zeitliche Überbrücku­ng von Engpässen sondern oft auch als verlängert­e Probezeit genutzt. So gaben 36,7 Prozent der Arbeitgebe­r an, wichtigste­s Motiv für die Befristung sei die Überprüfun­g der Eignung von Arbeitskrä­ften. Als Nachteile für die Beschäftig­ten nennen die Studien-Autoren erschwerte Familienpl­anung, Gesundheit­srisken und negative Folgen für die Kreditwürd­igkeit. Allerdings überwiegen laut IAB die positiven Seiten der Befristung. Denn die Übernahmeq­uote hat mit 44,2 Prozent einen Höchststan­d erreicht.

„Die öffentlich­en Arbeitgebe­r sollten das eigene Haus in Ordnung bringen“Ulrich Silberbach DBB-Chef

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