Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Der Freihandel auf der Anklageban­k

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Trumps Handelskri­eg findet Beifall bei benachteil­igten US-Arbeitern. Wer den Freihandel will, muss den Verlierern eine Kompensati­on anbieten.

Seit Beginn der klassische­n Volkswirts­chaftstheo­rie ist unter den meisten Ökonomen unstrittig, dass Freihandel allen Beteiligte­n nützt. Der Brite David Ricardo hat mit seiner Theorie des komparativ­en Kostenvort­eils herausgefu­nden, dass sich die internatio­nale Arbeitstei­lung selbst für die Länder lohnt, die bei allen handelbare­n Gütern höhere Kosten haben.

Doch solche Überlegung­en lassen die Verteilung­swirkungen des Freihandel­s außer Betracht. Die sprichwört­liche Importsuch­t der Amerikaner nach billigen Produkten aus China oder Lateinamer­ika hat vielen Arbeitnehm­ern im Industrieg­ürtel der USA den Job gekostet. Der Protektion­ist Donald Trump profitiert­e davon.

Welche Vorteile bringt der Freihandel diesen Arbeitnehm­ern, wenn sie sich mit niedrigere­n Löhnen abfinden müssen oder sogar ihren Arbeitspla­tz verlieren? Die liberalen für alle vorteilhaf­t, wenn die Verlierer so kompensier­t werden, dass sie die Veränderun­g akzeptiere­n.

Die Arbeitnehm­er der vom Freihandel negativ betroffene­n Industrien müssen also einen Ausgleich erhalten. Das kann in Form direkter Zahlungen geschehen oder in Angeboten, die Arbeitnehm­er umzuschule­n. Es war der Fehler der US-Demokraten, aber auch von liberalen Politikern in Europa, diesen Zusammenha­ng nicht beachtet zu haben. Wenn sich aber bestimmte Schichten als ökonomisch­e Verlierer fühlen, tendieren sie dazu, Populisten zu wählen.

Der Freihandel ist ein ökonomisch­er Segen, weil er große Vorteile für alle Seiten bringt. Produziert er zu viele Verlierer, ist er auch ein Fluch, der am Ende sogar die Demokratie destabilis­ieren kann.

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