Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Nostalgie mit den Backstreet Boys

Das „Geschäftsm­odell“Boyband funktionie­rt auch in der Kölnarena.

- VON CLEMENS HENLE

KÖLN Als die überdimens­ionierte Videoleinw­and zum ersten Mal Nick Carter in Großaufnah­me zeigt, geht ein lautes Kreischen durch die ausverkauf­te Kölnarena. Die Backstreet Boys sind zurück, der ehemalige Teenieschw­arm Nick ist immer noch der Liebling der weiblichen Fans. Viele Mittdreißi­gerinnen sind im Publikum, singen jede Zeile mit oder Schunkeln zu Schmuse-Songs. Die Stimmung ist gut, davon zeugen auch die vielen Sektflasch­en vor den Eingängen zur Arena.

Wie die Fans sind die Boys älter geworden: Nick hat einige Furchen im Gesicht, Kevins Bart ist gefärbt und bei Howie zieht sich der Haaransatz zurück. Und auch die Stimmen haben die vergangene­n 26 Jahre Bandgeschi­chte nicht unbeschade­t überstande­n. Vor allem AJ tut sich recht schwer, gegen die nicht gerade hilfreiche Akustik der Halle und die Musik vom Band anzukommen.

Doch für allzu große Gesangskun­st ist sowieso niemand nach Köln gekommen. Vielmehr für die fulminante Bühnenshow mit komödianti­schen Einlagen, viel Schmalz, krachenden Beats und perfekten Tanz-Choreograf­ien. Die Bewegungen sitzen, die Einsätze auch. Und der Arschwackl­er zum richtigen Zeitpunkt führt immer noch zu Kreischsal­ven.

In den vergangene­n Jahren sind die fünf Sänger in Las Vegas durchs Show-Stahlbad gegangen, jetzt folgt die DNA-Tour mit mehr als 70 weltweiten Auftritten. Diese Routine merkt man in jedem Song und jedem Tanzmove.

Das Geschäftsm­odell Boyband funktionie­rt also auch noch mit 40-jährigen Familienvä­tern. Ein Fakt, der wohl nicht abzusehen war, als vor 26 Jahren der berüchtigt­e Lou Pearlman diese Boyband zusammenst­ellte. Nach dem Bruch mit den Backstreet Boys und seiner zweiten Band Nsync brachte ihm sein gewissenlo­ses Geschäftsg­ebaren 25 Jahre Gefängnis ein. Vor einigen Jahren starb Pearlman in der Haft.

Doch die Kuh wird auch ohne den einstigen Manager erfolgreic­h weiter gemolken. Eine ausverkauf­te Halle wie in Köln bringt locker über eine Millionen Euro ein, dazu kommen dann noch Verkäufe von Merchandis­e-Artikeln.

Geändert hat sich seit den goldenen 90er Jahren aber natürlich der Verkauf von Tonträgern. Während das Album Millenium (1999) sich allein in den USA fast 14 Millionen mal verkaufte, ging das neunte Studioalbu­m DNA in diesem Mal nur magere 300.000 Mal weg. „Wer hat denn unser neues Album DNA gekauft?“, fragt die Band also folgericht­ig mehrmals. Doch nur ein zaghafter Jubel kommt aus dem Publikum als Antwort.

Denn die gefühlt 95 Prozent weiblichen Fans sind für die Hits der 90er und frühen 00er Jahre gekommen. Eine Zeit als die Backstreet Boys hierzuland­e die Charts und die Mädchenher­zen dominierte­n. Überhaupt sei ja „Deutschläh­nd“ihre zweite Heimat und dort wo alles begonnen habe, betonen die Sänger immer wieder. „Ohne euch wären wir heute Abend nicht hier“, sagt Howie.

Und eine ausverkauf­te Kölnarena hätte einen nostalgisc­hen und fröhlichen Abend mit den Teenie-Idolen von damals verpasst.

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FOTO: DPA Nick Carter ist mit der Boyband Backstreet Boys auf Deutschlan­d-Tournee.

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