Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Nicht vor meiner Tür
In der aktuell angespannten Lage auf deutschen Wohnungsmärkten brauchen wir Politiker, die vermitteln, aufklären, frühzeitig in den Dialog treten und so etwaige Ängste und Befürchtungen nehmen können. Die kritisch und objektiv geplante Bauvorhaben hinterfragen und abwägen. Denn die Gegner formieren sich dort, wo neue Wohnungen entstehen können oder müssen. Die „not in my backyard“(NIMBY) Diskussion betrifft Deutschland, nicht nur im Wohnungsbau, sondern auch bei Infrastrukturprojekten aller Art. In Düsseldorf gibt es aktuell über 620.000 Einwohner, im Jahr 2030 werden es bereits 660.000 Einwohner sein und im Jahr 2040 geschätzt über 700.000. Um die prognostizierte Einwohnerzahl aufnehmen zu können, müssten mehr als 3000 Wohneinheiten pro Jahr gebaut werden. Düsseldorf ist nach der Einwohnerzahl die siebtgrößte Stadt in Deutschland, belegt aber bezogen auf die Fläche nur Platz 73. Will sie also weiter wachsen und zu anderen Städten wirtschaftlich konkurrenzfähig bleiben, muss jeder seinen Teil dazu beitragen. Wie also mit dem beschriebenen Paradoxon in der Praxis umgehen? Bauen ja, aber bloß nicht vor meiner Haustür? Wenn sich Vorhaben positiv auf die gesamte Region oder darüber hinaus auswirken, kann dieser Egoismus unvernünftig und vor allem unfair sein. Das eigene Revier mit allen Mitteln zu verteidigen, kostet den Städten Geld und Zeit. Und ist unfair denjenigen jungen Menschen gegenüber, die Teil einer sozialen und lebenswerten Gesellschaft mit einem eigenen Zuhause werden wollen. Politiker sind an dieser Stelle als Vermittler gefragt.
Thomas Schüttken Der Autor ist Geschäftsführer der BÖCKER-Wohnimmobilien GmbH