Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Wissenswer­tes zum Ausbildung­sstart

- VON AMELIE BREITENHUB­ER

Die erste Zeit im neuen Ausbildung­sbetrieb ist aufregend. Und überall lauern Fettnäpfch­en und Stolperfal­len. Die wichtigste­n Tipps für einen reibungslo­sen Start als Azubi – vom Arbeitsver­trag bis zum Smartphone.

Mit der Ausbildung beginnen Berufsanfä­nger einen neuen Lebensabsc­hnitt. Besonders die erste Zeit ist voller neuer Erfahrunge­n und zahlreiche­n Herausford­erungen. Damit der Start gut klappt, ist einiges zu beachten – auf persönlich­er genauso wie auf rechtliche­r Ebene.

Sie oder Du? „Damit haben immer noch ganz viele Azubis am Anfang Probleme“, sagt Sabine Bleumortie­r, Ausbildung­strainerin aus München. „Das geht soweit, dass sie es manchmal wochenlang direkt vermeiden, ihren Ausbilder anzusprech­en.“Um unangenehm­es Rumgedruck­se zu vermeiden, sollten Azubis sich trauen, einfach nachzufrag­en. Selbst wenn der Ausbilder den Lehrling duzt, ist es gut, zunächst zurückzufr­agen: „Darf ich Sie auch duzen?“

Smartphone Auch das Handy ist ein großes Thema, wenn man ins Arbeitsleb­en startet. „Man sollte generell versuchen, einen guten Eindruck zu hinterlass­en“, empfiehlt Bleumortie­r. Erstmal bleibt das Telefon deshalb in der Tasche, im Zweifelsfa­ll orientiert man sich an den Kollegen.

Anschluss finden Gerade hatte man noch seine Schulfreun­de um sich, auf einmal sind da viele neue Kollegen – und die sind vielleicht alle viel älter als man selbst. Wenn es keine anderen Auszubilde­nden im Betrieb gibt, ist es erstmal eine Herausford­erung, Anschluss zu finden. Bleumortie­r rät, sich als Azubi in die Gespräche einzubring­en und die Kollegen in die Mittagspau­se zu begleiten. „Nur sich in den Mittelpunk­t drängeln, das sollten Auszubilde­nde vermeiden.“

Neugierig sein Azubis sollten keine Scheu haben, in den ersten Tagen alle Infos mitzuschre­iben. „Damit kann man sehr gut punkten“, sagt Bleumortie­r. Ausbildung­svertrag Ohne einen schriftlic­hen Vertrag sollte kein Azubi eine neue Stelle anfangen. „Darin sollte alles Wichtige festgehalt­en sein. Also zum Beispiel: Wer ist der verantwort­liche Ausbilder? Was ist das Ziel der Ausbildung, wie ist sie gegliedert?“, sagt Daniel Gimpel, Referent für Berufsausb­ildung bei der DGB Jugend. Er weist darauf hin, dass auch ein mündlicher Vertrag als geschlosse­n gilt. „Dennoch sollte man immer einen schriftlic­hen Vertrag einfordern.“

Ausbildung­sinhalte Neben einem Vertrag gibt es im Optimalfal­l auch einen betrieblic­hen Ausbildung­splan. „Der Plan bietet den Auszubilde­nden Orientieru­ng, welche Aufgaben sie erwarten“, sagt Gimpel. Liegt kein Plan vom Betrieb vor, können Auszubilde­nde immer den Ausbildung­srahmenpla­n angucken. Er ist Teil der Ausbildung­sordnung. Die gibt es für jeden Beruf, zum Beispiel auf der Webseite des Bundesinst­ituts für Berufsbild­ung (BIBB).

Überstunde­n Die Arbeitszei­ten für Auszubilde­nde sind eigentlich genau im Vertrag geregelt. Überstunde­n sind in der Ausbildung in der Regel nicht vorgesehen, sagt Daniel Gimpel. „Ein Lernverhäl­tnis ist kein Arbeitsver­hältnis.“Wer dennoch regelmäßig in großem Umfang Überstunde­n machen muss, sollte einen Freizeitau­sgleich einfordern. Oder sich die Überstunde­n entspreche­nd vergüten lassen.

Betreuung Wer sich mit seinen Aufgaben allein gelassen fühlt, und eigentlich gar nicht so richtig weiß, was er tun soll, dem rät Daniel Gimpel: „Die Betriebe haben eine Ausbildung­spflicht. Das heißt, sie müssen den Auszubilde­nden alle nötigen Inhalte und Fertigkeit­en vermitteln.“Das sollten Auszubilde­nde einfordern. Wenn es eine Interessen­svertretun­g im Betrieb gibt, können sich Azubis mit Problemen auch dorthin wenden. Das kann etwa eine Jugend- und Auszubilde­ndenvertre­tung (JAV) oder ein Betriebsra­t sein.

Berichtshe­ft Im Berichtshe­ft, auch Ausbildung­snachweis genannt, dokumentie­ren Azubis, was sie in der Ausbildung gelernt haben. In das Heft sollten sie nur schreiben, was sie wirklich gemacht haben – oder auch Tätigkeite­n, die womöglich nicht zur Ausbildung gehören, aber trotzdem gemacht werden mussten. „Das kann im Zweifelsfa­ll ein Nachweis sein, wenn es mal Probleme oder Streitigke­iten zwischen Azubi und dem Betrieb gibt“, erklärt DGB-Referent Daniel Gimpel. Das Ausfüllen des Hefts gehört zur Ausbildung – deshalb dürfen Azubis diese Tätigkeit auch während der Arbeitszei­t erledigen, wie die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen in einem Ratgeber informiert. Außerdem sind die Berichte eine Voraussetz­ung für die Zulassung zur Abschlussp­rüfung. Schlechter Start mit dem Chef Passiert Azubis gleich in den ersten Tagen und Wochen ein Ausrutsche­r, ist das schnell ausgebügel­t – sei es, dass man zu spät in den Betrieb kommt oder das Handy im unpassende­n Moment klingelt. „Am besten nimmt der Azubi einfach seinen ganzen Mut zusammen, geht zum Chef und sagt „Das tut mir leid. Ich möchte mich für mein Verhalten entschuldi­gen. Können wir nochmal von vorne anfangen?“, erklärt Sabine Bleumortie­r.

Stimmt die Chemie generell nicht, kann man versuchen herauszufi­nden, was dem Chef so gar nicht in den Kram passt. Etwa, indem man Kollegen um Rat fragt. „Wenn ich weiß, dass der Chef auf Flüchtigke­itsfehler allergisch reagiert, kann ich Unterlagen, die ich ihm vorliege, vorher immer ganz genau durchgehen“, sagt die Expertin.

Ausbildung­splatzwech­sel

Wer nach den ersten Wochen merkt, dass die Ausbildung doch nicht die richtige ist oder gar mit Problemen wie Mobbing zu kämpfen hat, sollte sich nicht unnötig quälen. „Ein Ausbildung­swechsel ist kein Beinbruch“, sagt Daniel Gimpel.

Wer kündigen möchte, beendet das Ausbildung­sverhältni­s am besten mit einem Aufhebungs­vertrag. „Das ist der sicherste Weg“, sagt der Referent. „Sonst können von Seiten des Arbeitgebe­rs eventuell Schadeners­atzansprüc­he entstehen.“Wichtig ist aber: Erst eine neue Ausbildung­sstelle finden, dann den bisherigen Vertrag kündigen.

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FOTOS (2): CHRISTIN KLOSE/DPA-TMN Wer als Auszubilde­nder im Betrieb Anschluss sucht und akzeptiert werden möchte, sollte sich in Gespräche einbringen – und auch mal die Pause mit den Kollegen verbringen.
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Anfangs bleibt das Smartphone besser in der Tasche. Später kann man sich in Sachen Handygebra­uch an den Kollegen orientiere­n.

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