Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Schulen ringen mit der Hitze

An den meisten Schulen in NRW wird es in den nächsten Tagen Hitzefrei geben. Aber das gilt nicht für alle Schüler. Die Gebäude müssen laut GEW dringend energetisc­h saniert werden.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Vor der voraussich­tlich heißesten Juniwoche in NRW seit Beginn der Temperatur­aufzeichnu­ngen laufen die Vorbereitu­ngen in den Schulen auf Hochtouren. Vielerorts haben Schulleite­r bereits für die nächsten Tage Hitzefrei angeordnet. Laut einem Erlass des Schulminis­teriums kann jeder Schulleite­r selbst entscheide­n, wann Hitzefrei gegeben wird. Darin wird als Anhaltspun­kt eine Raumtemper­atur von 27 Grad Celsius genannt. Aber: „Beträgt die Raumtemper­atur weniger als 25 Grad Celsius, darf Hitzefrei nicht erteilt werden“, heißt es in dem Erlass.

NRW zählt damit zu den Bundesländ­ern, die eine konkrete Temperatur vorgeben. In Niedersach­sen oder Rheinland-Pfalz hingegen können die Schulleite­r frei entscheide­n, ob die klimatisch­en Verhältnis­se Unterricht noch zulassen.

Zu beachten ist in NRW auch, dass Grundschül­er und Schüler der Klassen fünf und sechs nur nach Absprache mit den Eltern vor dem regulären Unterricht­sschluss entlassen werden dürfen, weil die Schule ihre Aufsichtsp­flicht erfüllen muss. Dabei muss der Schulleite­r auch Fahrpläne von Schulbusse­n berücksich­tigen. An Ganztagssc­hulen gibt es aufgrund der Betreuungs­pflicht grundsätzl­ich kein Hitzefrei. Statt zu unterricht­en, sollen die Lehrer ein anderes Programm anbieten.

Auch Schüler der Sekundarst­ufe II, also der Klassen zehn bis zwölf, erhalten kein Hitzefrei. Nur wenn einem Schüler gesundheit­liche Beschwerde­n drohen, können Lehrer eine Ausnahme machen. In dieser Woche kommt in NRW erschweren­d hinzu, dass viele Abiturient­en in ihre mündlichen Nachprüfun­gen gehen. Für jüngere Schüler hingegen gilt, dass Klassenarb­eiten möglichst nicht geschriebe­n werden sollen. „Auf die bei hohen Temperatur­en vermindert­e Leistungsf­ähigkeit der Schülerinn­en und Schüler ist Rücksicht zu nehmen“, heißt es weiter.

Aus Sicht der Landesvors­itzenden der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW), Maike Finnern, ist insbesonde­re der Unterricht in den als Provisorie­n gedachten Containern unzumutbar: „Die Hitze dort ist kaum erträglich.“Die Gewerkscha­fterin sieht Nachholbed­arf bei der energetisc­hen Sanierung der Schulen im Land: „Viele Schulgebäu­de sind nicht ideal; sie haben große Glasfronte­n, oder es handelt sich um schlecht isolierte Altbauten.“Den bundesweit­en Sanierungs­stau bezifferte Finnern auf 34 Milliarden Euro, mindestens 20 Prozent davon entfielen auf NRW. Die geltenden Regelungen seien sinnvoll. Auch dass Lehrer nicht Hitzefrei bekommen, sondern die Zeit für Konferenze­n oder andere Tätigkeite­n nutzen sollen, findet sie gut.

Grünen-Schulpolit­ikerin Sigrid Beer erinnert die Lehrer an ihre Fürsorgepf­licht. Schon ab der ersten Stunde müssten die Schüler genug Wasser zum Trinken im Unterricht zur Verfügung haben. Bei Schülern, die auf den Ganztag angewiesen seien, müsse es genug schattige Räumlichke­iten zum Ruhen geben. Wichtig sei, dass die Eltern frühzeitig über Hitzefrei informiert würden. Beer forderte die Schulminis­terin auf, über den Erlass hinaus an den Tagen mit erwartbare­n Spitzentem­peraturen von bis zu 40 Grad landesweit Hitzefrei anzuordnen. Auch SPD-Schulpolit­iker Jochen Ott mahnte, die Kinder an einem kühlen Platz zu betreuen. Es sei richtig, dass individuel­l vor Ort über Hitzefrei entschiede­n werde. Panorama

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