Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Spitzenspo­rt muss nahbar bleiben

- STEFAN KLÜTTERMAN­N

Natürlich gab es auch in der Düsseldorf­er Messehalle 8b ein Podium für die Siegerehru­ng. Aber eigentlich passte das zu dieser Fecht-EM nicht, denn die Tage von Düsseldorf boten vor allem eines: Weltklasse zum Anfassen, Spitzenspo­rtler mitten aus dem Leben, ein Miteinande­r von Akteuren und Zuschauern. Wo König Fußball von seinem Thron die Ehrerbietu­ngen des zahlenden Volkes entgegenni­mmt, weil Medien und Fans ihn auf diesen Sockel gehoben haben, da standen die Fechter sechs Tage für ein Erlebnis Sport, wie es nicht untergehen darf, wenn Sport auch künftig Faszinatio­n aus nächster Nähe und nicht nur weltfremde Starallüre­n ausstrahle­n will.

Bei einer Fußball-EM hätte es die sozialen Medien überflutet und vermutlich Tumulte ausgelöst, wenn sich ein italienisc­her Nationalsp­ieler nach dem verlorenen Halbfinale auf der Fanmeile eine E-Zigarette gegönnt hätte, während sich seine Teamkolleg­en für Pizza auf Pappteller­n in die Schlange stellten. Bei der FechtEM und im Fall der italienisc­hen Säbelfecht­er war das alles kein Problem. Alles kein Skandal. Und das ist gut so.

Es braucht Spitzenspo­rtveransta­ltungen, bei denen Kinder sich mit leuchtende­n Augen Autogramme von Teilnehmer­n holen, die in Deutschlan­d nur Ausgewählt­e kennen. Es braucht Momente wie den, in dem zwei Schiedsric­hter vor aller Augen per SchnickSch­nack-Schnuck entscheide­n können, wer die ersten Gefechte leitet. Momente der Niederlage, in denen der Verlierer trotz aller Emotionen dem Gewinner fair gratuliert. Momente, in denen Ersatzleut­e ihr Ego hintanstel­len und für den Teamerfolg mitfiebern.

Fechten wird auch nach dieser EM kein Massenphän­omen in Deutschlan­d werden. Aber manch kleiner Fan hat in der Messehalle 8b mehr über das Wesen des Sports an sich gelernt, als ihm der Coca-Cola-Nationalma­nnschaftsf­anclub im Fußball jemals beibringen kann.

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