Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Erschreckend ehrlich
Schonungslos, direkt und nichts für schwache Nerven: Diese Begriffe beschreiben den Dokumentarfilm „Zwischen Rausch und Elend“(Vortag, 23.45 Uhr, ARTE) des Regisseurs Roberto Minervini. Darin ließ er ungefiltert Eindrücke des Elends jener auf die Zuschauer einprasseln, die in der Gesellschaft Amerikas keinen Platz zu haben scheinen. Er gab in dem Film unter anderem Junkies ebenso das Wort wie Mitgliedern paramilitärischer Gruppen. Was sie einte, war der Wunsch nach mehr – nach einem besseren Leben, Jobs, Frieden, Liebe oder Sicherheit für die Familie. Dabei kam bei den meisten von ihnen der amerikanischen Regierung unter Barack Obama das Feindbild zu. Zorn ebenso wie Respektlosigkeit waren es, was sie dem ehemaligen US-Präsidenten entgegenbrachten. All dies ließ der Film unkommentiert. Statt Erklärungen bekam das Publikum zum Teil sehr abrupte Szenenwechsel zu sehen. Diese machten es schwer, der Handlung vollständig zu folgen. Das war aber offenbar auch nicht das Ziel des Regisseurs. Gerade dadurch, dass sämtliche Szenen ohne Erläuterung nahtlos ineinander übergingen, wurde das Gezeigte so einprägsam. Der Zuschauer bekam ein sehr, womöglich zu intimes Bild von den Wünschen, Hoffnungen, Ängsten, Sorgen und allgemein dem Leben der Protagonisten wie den Drogenabhängigen Mark und Lisa gezeigt. Das Publikum wurde zum direkten Beobachter sehr harter Leben, von Wut, Zerstörungswahn, Unzufriedenheit und Agressivität. Mit diesen Eindrücken wurde er scheinbar absichtlich alleine gelassen. Dies regte zum Nachdenken an, gerade weil es nicht sonderlich angenehm war.