Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
So zauberhaft sind die Werke von Joan Miró im Skulpturenpark Wuppertal.
Ein Pool, in dem man nicht nass wird, und Installationen, die den Besucher wachsen oder schrumpfen lassen: Beim Kulturbesuch in Den Haag fühlt man sich wie in einem Wunderland.
DEN HAAG Ein Blick in die Unendlichkeit dauert 45 Sekunden. Sie ist eingeschlossen in einem Raum voller Spiegel und hunderten von Lichtern, die ihre Farbe ändern: von Lila zu Grün, von Gold zu Türkis, von Türkis zu Blau. Wer in der Mitte jenes Raums steht, kann über den Anblick nur staunen: Es funkelt und blinkt – ganz so, als würde man in die Weiten des Universums sehen. „Infinity Room“heißt das Werk und ist eine Installation der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama. Ihre verspiegelten Räume sind weltberühmt. Einer von ihnen kann noch bis Ende des Monats im niederländischen Museum Voorlinden in Wassenaar, das liegt rund 13 Kilometer entfernt von Den Haag, besichtigt werden. Da die Nachfrage so groß ist, werden direkt nach dem Einlass Zeitfenster für den „Infinity Room“vergeben – 45 Sekunden darf sich jeder Besucher darin aufhalten.
Aber auch ansonsten ist das Museum ein echter Geheimtipp. Erst vor drei Jahren wurde es auf einem alten Landgut eröffnet. Damit hat sich der Geschäftsmann und Kunstsammler Joop van Caldenborgh einen Traum verwirklicht: Inmitten der Natur, neben einer englischen Backsteinvilla ließ er einen Pavillon errichten, in dem zeitgenössische Kunst gezeigt wird. Darunter sind Objekte aus seiner eigenen Sammlung, aber auch wechselnde Sonderausstellungen. Große Fensterfronten geben den Blick auf das grüne Anwesen frei und lassen Kunst und Natur eins werden. Wer das Museum betritt, fühlt sich wie in einem Wunderland. Viele der Ausstellungsstücke setzen auf den Perspektivwechsel, sie lassen den Museumsbesucher schrumpfen oder über sich hinaus wachsen.
Gleich zu Beginn wäre da etwa ein Aufzug, der so klein ist, dass nicht einmal der Fuß eines Gastes hineinpasst. Trotzdem öffnet er pflichtbewusst im Minutentakt seine Türen, wartet kurz und setzt dann seine Fahrt fort. Wenig später steht der Besucher einem gigantischen Rentnerehepaar gegenüber: Die hyperrealistischen Figuren von Ron Mueck genießen unter ihrem Sonnenschirm einen Urlaubstag und überragen selbst im Sitzen ihre Betrachter.
Und dann ist da mitten im Museum ein Pool. Die Oberfläche schimmert im Licht. Wer genau hinsieht, wird stutzig: Vom Beckenrand sind sie nur schemenhaft zu erkennen, aber da sind doch tatsächlich Personen unter Wasser. Sie strecken ihre Arme in die Höhe, fotografieren oder winken den Schaulustigen. Des Rätsels Lösung offenbart eine Treppe: Sie führt in einen kleinen Raum, der unter dem Pool liegt. Wer ihr folgt, kann bald schon selbst am Grunde des Schwimmbeckens stehen und durch die dünne Wasseroberfläche nach oben sehen, ohne dabei auch nur einen Tropfen abzubekommen. Den Swimmingpool hat der argentinische Künstler Leandro Erlich extra für das Museum entworfen. Er möchte mit seinen Werken den Menschen das Absurde in alltäglichen Räumen zeigen. Gleichwohl sollen sie über ihre Realität zum Nachdenken gebracht werden.
Wieder aufgetaucht lockt dann ein weiterer Perspektivwechsel. Die Installation „Open Ended“von Richard Serra nimmt einen ganzen Raum ein. Zunächst sieht sie aus wie ein riesiger, rostfarbener Klotz, der sich an zwei Enden einen spaltbreit öffnet. Neugierige können durch die Installation spazieren. Aber erst wer sich das Gebilde von oben ansieht, erkennt seine Form, die an ein großes Spiel-Labyrinth erinnert, durch das Kinder eine Kugel balancieren müssen. All das sind Werke der ständigen Sammlung: Darüber hinaus gibt es im Museum Voorlinden aber auch immer wieder wechselnde Ausstellung. Derzeit sind dort etwa mehrere Kunstwerke zum Thema „Weniger ist mehr“ausgestellt und der koreanische Bildhauer Do-Ho Suh zeigt eine Reihe transparenter Häuser.
Gewiss ist der „Infinity Room“ von Yayoi Kusama aktuell einer der Höhepunkte. Er wird mit vielen anderen Objekten der japanischen Künstlerin anlässlich ihres 90. Geburtstags gezeigt. Während ihre Werke etwas Fröhliches ausstrahlen, ist ihr Hintergrund ernst: Kusama leidet schon seit ihrer Kindheit an Psychosen und Wahnvorstellungen. In Interviews erzählt sie immer wieder von einem einschneidenden Erlebnis: Damals war sie mit ihrem Vater auf einem Feld unterwegs, als eine der Pflanzen auf einmal mit ihr zu sprechen beginnt. In Halluzination sieht sie Punkt- und Netzmuster, die sie bald in Kunst verwandelte. Punkte, so sagt sie, helfen ihr, weniger Angst vor der Welt zu haben.
Die sogenannten „Polka Dots“wurden bald zu ihrem Markenzeichen: Sie malt sie auf Skulpturen, Leinwände und bedeckte sogar Menschen damit. Im Museum Voorlinden ist ihr weltberühmter schwarzgepunkteter Kürbis zu sehen, unendliche Netze, die sie gesponnen hat oder auch ein besonders markantes rot, weißes Muster, das sie auf Fliegenpilz ähnliche Gebilde aufgetragen hat. Kusama lebt und arbeitet in einer Nervenheilanstalt und malt dort bis heute ihre Punkte, die ihr zu Weltruhm verhalfen. Bis Ende des Monats sind ihre Werke in dem Museum zu sehen.
Aber auch ohne den „Ininity Room“gibt es viel zu entdecken, im Wunderland Voorlinden.