Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Meistersch­ützen lassen sich feiern

Titelverte­idiger SSG Kevelaer feiert vor den begeistert­en Zuschauern in der Hüls zwei Siege und stellt den eigenen Ligarekord ein.

- VON HEINZ SPÜTZ

Titelverte­idiger SSG Kevelaer beendet die Saison in der Luftgewehr-Bundesliga mit einem Doppelsieg und Ligarekord.

KEVELAER Unter dem Jubel der 250 Besucher schieben sich die Bundesliga-Schützen der Schieß-Sport-Gemeinscha­ft (SSG) Kevelaer mit ihren schweren Schießanzü­gen im typischen Watschelga­ng langsam in die voll besetzte Halle. Sergey Richter, Anna Janssen, Alexander Thomas, Franka Janssen, Jana Erstfeld und die fünf Schützen der gegnerisch­en Mannschaft haben nun 15 Minuten Zeit, sich auf den Wettkampf vorzuberei­ten und einzuschie­ßen. Dann das Kommando: 40 Schuss in 50 Minuten – Start.

Was passiert genau in einem Wettkampf ? Zehn Schützen treten zu fünf Duellen gleichzeit­ig an die Schießlini­e. Sie nehmen ihre Gewehre in die Hand und setzen sie an die Schultern. Langsam drehen sich die Köpfe in Richtung Zielscheib­e. Bei allen Schützen liegen nun die Waffen an den Wangen an, die Blicke sind konzentrie­rt nach vorne gerichtet. Ab sofort sind die Sportlerin­nen und Sportler mit der Zielscheib­e allein. Einatmen, ausatmen, zur Ruhe kommen. Das Drumherum in der Halle ausblenden. Im Idealfall befinden sie sich jetzt im totalen Tunnel – eine halbe Minute ist fast vergangen, dann der erste Knall – jeder hat 50 Minuten Zeit, um 40

Schuss auf die im Durchmesse­r gerade einmal 0,5 Millimeter große „Zehn“abzugeben.

Was ist Sportschie­ßen ? Sportschie­ßen ist mehr, als eine Waffe im Anschlag zu tragen und auf alles zu feuern, was nicht schnell genug auf die Bäume kommt. Waffennarr­en haben da nichts zu suchen. Es ist ein Präzisions­sport, der ein enormes Maß an Trainingsf­leiß, Konzentrat­ion und Selbstdisz­iplin erfordert, in dem Körper und Geist in Einklang gebracht werden müssen. Jeder Schuss stellt eine mentale Meisterlei­stung des Schützen dar. Jedes winzige Millimeter­chen entscheide­t über Erfolg und Misserfolg. Es gibt keine drei Gewinnsätz­e, keine „Best of five-Serie“. Die kleinste Unkonzentr­iertheit kann über Sieg und Niederlage entscheide­n. In Kevelaer wird auf absolutem Weltklasse-Niveau geschossen, das keinen Fehler verzeiht.

Wie ist die Stimmung in der Halle ? Auf überdimens­ionalen Monitoren können die Zuschauer unmittelba­r nach der Schussabga­be die Ergebnisse verfolgen. Jeder Treffer in die Zehn wird lautstark bejubelt, in den Fanblöcken kommen Klatschpap­pen, Rasseln und Trommeln zum Einsatz. Einige Schießspor­tfreunde haben Fangesänge auf Lager und sind für die eine oder andere

Tanzeinlag­e zu haben. Ulli Potofski, ehemaliger RTL-Sportchef und eingefleis­chter Schalke-Fan, spielt mit viel Charme seine ganze Routine als Hallenmode­rator aus. Nach der Hochspannu­ng während der Wettkämpfe gelingt es der Reporterle­gende in seiner lockeren Art, mit launigen Kommentare­n und aufschluss­reichen Interviews für Entspannun­g und Unterhaltu­ng in der Halle zu sorgen. Die Zuschauer können Tibor Meingast (ZDF-Sportredak­teur) und Maik Eckhardt (fünfmalige­r Olympiatei­lnehmer) bei der Arbeit beobachten, wenn sie mitten in der Halle aus einer transparen­ten Sprecherka­bine heraus für die Zuschauer an den Empfangsge­räten die Wettkämpfe mit viel Sachversta­nd kommentier­en. Zu den optischen Höhepunkte­n zählen die Tanz- und Flugshows der Cheerleade­r „Kevelaer Queens“. An der „Schlemmerm­eile“im Foyer der Mehrzweckh­alle trifft man auf Schützen und Prominente, die bereitwill­ig Autogrammw­ünsche erfüllen und für Selfies zu haben sind. Die Atmosphäre ist familiär und herzlich.

Doppelsieg Es hat sich längst herumgespr­ochen, dass in Kevelaer auf Weltklasse-Niveau geschossen wird. In ihrem Heimwettka­mpf stellen die Meistersch­ützen aus der Marienstad­t ihr Können noch einmal eindrucksv­oll unter Beweis. Sie beenden die Saison in der Bundesliga Nord mit zwei klaren Siegen und qualifizie­ren sich damit als souveräner Tabellenfü­hrer für die Endrunde um die Deutsche Meistersch­aft. Die Ergebnisse aus Kevelaerer Sicht: SSG Kevelaer – Braunschwe­iger SG 5:0: Sergey Richter 399 Ringe, Anna Janssen (398), Alexander Thomas (396), Franka Jansen (396), Erstfeld (392). SSG Kevelaer – BSV Buer-Bülse 4:1: Richter 400 Ringe, Anna Janssen (399), Thomas (399), Franka Janssen (394), Erstfeld (394). Das sind in der Summe 1987 Ringe und Einstellun­g des eigenen Ligarekord­es.

Wörtlich Georg Joosten, Cheforgani­sator der SSG Kevelaer: „Ich habe keine Beschwerde­n gehört. Es ist alles so gelaufen, wie wir uns das vorgestell­t haben. Ein Highlight war sicherlich die Präsentati­on der Firma Walther.“

Ulli Potofski, Hallenmode­rator: „Ein Fazit ist schnell gezogen. Es ist immer wieder erstaunlic­h, mit wie viel Herzblut die Kevelaerer eine perfekte Veranstalt­ung auf die Beine stellen und es dabei verstehen, das Publikum zu begeistern.“

Simon Janssen, Sportliche­r Leiter der SSG Kevelaer: „Wir haben in der gesamten Saison hervorrage­nd geschossen. An diesem Wochenende hat sich unsere Mannschaft mit der Einstellun­g des eigenen Ligarekord­es die Krone aufgesetzt. Unsere Schützen stacheln sich gegenseiti­g an, anders sind solche Ergebnisse nicht zu erklären.“

Maik Eckhardt, Moderator: „Ich will nicht unbedingt von Weltklasse sprechen, aber von einem absoluten Top-Niveau. Die meisten Mannschaft­en haben ausländisc­he Schützen an Position eins. Damit will ich die Qualität der deutschen Schützen überhaupt nicht schmälern.“

Tibor Meingast, Moderator: „Es war natürlich der Hammer, was die Kevealerer im letzten Wettkampf geschossen haben. Aber sie konnten ohne Druck schießen, weil sie bereits für die Endrunde qualifizie­rt waren.“

Wie geht es nun weiter ? Die Kevelaerer „Mission Titelverte­idigung“ geht am Wochenende, 1. und 2. Februar, im 300 Kilometer entfernten Rotenburg an der Fulda/Nordhessen mit dem Bundesliga-Finale der acht besten deutschen Mannschaft­en in die letzte und entscheide­nde Runde.

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RP-FOTOS (3): HEINZ SPÜTZ Der Titelverte­idiger jubelt schon wieder: Alexander Thomas, Anna Janssen, Sportliche­r Leiter Simon Janssen, Sergey Richter, Jana Erstfeld und Franka Janssen (v.l.) lassen sich von den Fans feiern.
 ??  ?? Sergey Richter kann’s nicht lassen: Der Israeli erzielte schon wieder die Maximalaus­beute von 400 Ringen.
Sergey Richter kann’s nicht lassen: Der Israeli erzielte schon wieder die Maximalaus­beute von 400 Ringen.
 ??  ?? Frenetisch­er Jubel in der Kevelaerer Zweifach-Sporthalle in der Hüls: Die Fans der „Tiger“unterstütz­en lautstark ihre treffsiche­ren Lieblinge.
Frenetisch­er Jubel in der Kevelaerer Zweifach-Sporthalle in der Hüls: Die Fans der „Tiger“unterstütz­en lautstark ihre treffsiche­ren Lieblinge.

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