Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Nazi-Bedrohung zu lange kleingered­et

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Am Samstag haben Hunderte Kamp-Lintforter ein beeindruck­endes Zeichen gegen Rechtsradi­kalismus gesetzt. Die Bürger haben sich hinter ihr Stadtoberh­aupt gestellt, das sich von Nazis bedroht fühlt. Ausländerf­eindlichke­it und rechte Hetze haben keinen Platz in ihrer Stadt. Nicht dort, und auch nirgendwo anders! Es ist ein starkes Signal mit Strahlkraf­t weit über die Region hinaus, das an diesem Tag von der ehemaligen Bergbausta­dt am Niederrhei­n gesendet worden ist.

Gleichzeit­ig aber wird am Samstag auf erschrecke­nde Art und Weise deutlich, wie weit es Nazis mit ihrer Hetze in Deutschlan­d schon gebracht haben. Oder anders formuliert: In welcher Gefahr sich unsere Demokratie befindet. Denn der Mann, um den es bei den Kundgebung­en ging, hat selbst nicht teilnehmen können. Die Polizei hatte Christoph Landscheid­t von einem Auftritt bei der Gegendemon­stration abgeraten. Aus Sicherheit­sgründen. Demnach kann ein Bürgermeis­ter 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs in seiner eigenen Stadt nicht mehr auf einer öffentlich­en Veranstalt­ung gegen Rechtsradi­kalismus sprechen, ohne Gefahr zu laufen, angegangen zu werden. Hinzu kommt, dass Anwohner im Kamp-Lintforter Stadtteil Hoerstgen schon seit Jahren von Nazis terrorisie­rt werden – und das so gut wie ungehinder­t. Eine Betroffene schlug am Samstag in aller Öffentlich­keit Alarm, berichtete von massiven Morddrohun­gen und davon, dass die Polizei nicht genug tue, um sie zu schützen.

Das ist erschütter­nd! Zu lange wurde von fast allen Seiten weggeguckt, verharmlos­t und kleingered­et. Durch Kamp-Lintfort muss nun aber auch den Letzten bewusst geworden sein, dass unsere Demokratie ernsthaft in Gefahr ist und um sie gekämpft werden muss.

BERICHT KAMP-LINTFORT WEHRT SICH, NORDRHEIN-WESTFALEN

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