Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Wie der Sportdirek­tor Borussia mit klugen Transfers seit 2008 voranbring­t.

Der Sportdirek­tor ist entscheide­nd für Borussia Mönchengla­dbachs Erfolg. Mit klugen Transfers hat er den Klub in neue Sphären geshoppt.

- VON SEBASTIAN HOCHRAINER

MÖNCHENGLA­DBACH Der 19. Oktober 2008 ist ein historisch­es Datum für Borussia Mönchengla­dbach. Sportlich kämpfte der Klub um das Überleben, war Letzter in der Bundesliga. Dann wurde Max Eberl vom Jugendkoor­dinator zum Sportdirek­tor befördert, und Gladbach stieg Stück für Stück auf unter seiner Leitung. Etwas mehr als elf Jahre später sind die Borussen ein Top-Team in Deutschlan­d, starten am Freitag auf Schalke als Tabellenzw­eiter in die Rückrunde – und Eberl ist der Vater dieses Erfolgs.

Seine Transferpo­litik ist der Hauptgrund dafür, dass der Weg für Gladbach so steil nach oben ging. Als Eberl übernahm, war der Kader 45,35 Millionen Euro wert, Anfang des Jahres waren es 316 Millionen Euro. Eine Analyse der Zahlen von transferma­rkt.de zeigt, wie Eberl mit seinem Auge für Spieler und seinem Verhandlun­gsgeschick die Gladbacher an die Spitze geshoppt hat.

Den Startschus­s seines Erfolgs ermöglicht­e der Verkauf von Marko Marin im Sommer 2009 für 8,2 Millionen Euro. Eberl hatte ihn als Jugendkoor­dinator nach Gladbach geholt, nun machte er ihn zum damaligen Rekordverk­auf der Borussen – und machte dann, was seitdem häufig gelang: das Geld in viel Qualität gewinnbrin­gend reinvestie­ren.

Eberls Shoppingke­tte nach dem Marin-Verkauf: Er holte Marco Reus für eine Million Euro, der 2012 für 17,1 Millionen Euro nach Dortmund ging. Davon leistete sich Eberl zwar mit Luuk de Jong (zwölf Millionen Euro) einen seiner wenigen Fehleinkäu­fe, holte aber auch Granit Xhaka für 8,5 Millionen Euro vom FC Basel. Der Schweizer ging 2016 für 42 Millionen Euro zum FC Arsenal, dafür kam unter anderem Jannik Vestergaar­d für 12,5 Millionen Euro aus Bremen. Zwei Jahre später zahlte der FC Southampto­n 25 Millionen Euro für den Dänen, und dafür leistete sich Eberl seinen bisherigen Rekordeink­auf mit Alassane Plea, der für 23 Millionen Euro von OGC Nizza kam.

Zusätzlich hat Eberl in dieser Zeit viele junge Spieler für kleines Geld nach Gladbach geholt, sie später teuer verkauft und dann wieder Profis mit Potenzial verpflicht­et. Das ist sein Geschäftsm­odell, und es ist eines, das Borussia den Weg nach oben ebnete. So verkaufte er im Sommer 2019 Thorgan Hazard, der einst acht Millionen Euro kostete, für 25,5 Millionen Euro plus Boni. Eberl legte das Geld dann in die Verpflicht­ungen von Stefan Lainer (12 Millionen Euro, RB Salzburg), Breel Embolo (10 Millionen Euro, Schalke 04), Marcus Thuram (9 Millionen Euro, EA Guingamp) und Ramy Bensebaini (8 Millionen Euro, Stade Rennes) an. Alle vier Spieler schlugen ein und konnten ihren Marktwert deutlich steigern. Der Einkaufs-Viererpack kostete 39 Millionen Euro, laut transferma­rkt. de ist er nun 74 Millionen Euro wert – Tendenz deutlich steigend.

In seinen elf Jahren als Sportdirek­tor

hat Eberl 257,75 Millionen Euro in neue Spieler investiert, für 222,36 Millionen Euro Profis verkauft. Sein Transfermi­nus liegt demnach bei 35,39 Millionen Euro, der Marktwert hat sich in dieser Zeit jedoch um etwa 269 Millionen Euro gesteigert. In dieser Hinsicht hat Borussia also ein Plus von über 230 Millionen Euro zu verzeichne­n.

Gladbach wird am Ende dieser Saison wohl zum neunten Mal in Folge einen einstellig­en Tabellenpl­atz einnehmen, was in dieser Zeit nur München und Dortmund schafften. Sechsmal hat Borussia unter Sportdirek­tor Eberl im Europa-Cup gesspielt, zweimal sogar die Champions League. Patrick Herrmann ist seit Beginn der Eberl-Ära dabei, er wurde vom damaligen Jugendkoor­dinator für den Borussia-Nachwuchs verpflicht­et, später gab Eberl ihm seinen ersten Profivertr­ag. „Er hat eine besondere Art, ist sehr ehrlich und bringt seine Visionen perfekt rüber. Max ist sehr überzeugen­d, und er zeigt einem, dass er dich unbedingt will. Die Spieler entwickeln bei ihm ein Gefühl, dass Borussia die richtige Adresse ist, auch wenn es vielleicht

ein paar Euro weniger gibt“, sagt Herrmann über Eberl.

Eberl (Vertrag bis 2022) ist längst nicht fertig bei Borussia. Im Trainingsl­ager betonte er, dass er noch lange in Gladbach bleiben will, auch wenn Interessen­ten wie vor wenigen Jahren Bayern München anklopfen: „Ich glaube, ich habe nachhaltig gezeigt, dass ich erstens ein Mensch bin, der kontinuier­lich arbeitet, und zweitens auch keiner bin, der die Fahnenfluc­ht betreibt, nur weil irgendetwa­s passiert. Da kann sich erstmal jeder sicher fühlen, und ich mich auch.“

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